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Aus dem Lektorat Literatur Übersetzung

Wie kommen eigentlich Übersetzungen zu Verlagen?

Etwa 15 % aller Erstausgaben auf dem deutschen Buchmarkt waren im Jahr 2023 Übersetzungen. Jede vierte Neuerscheinung in der Belletristik stammt aus dem Ausland. Dabei haben noch immer die großen Sprachen Englisch und Französisch die Nase vorn, dazu kommt Japanisch.*

Doch bevor ein fremdsprachiges Werk deutsche Leser*innen erreichen kann, durchläuft es einen langen Prozess, der weitgehend für alle, die das Buch am Ende lesen werden, unsichtbar bleibt. Die Wege zur Übersetzung sind dabei so vielfältig wie der Buchmarkt selbst – von klassischen Agenturgeschäften bis zu direkten Kontakten zwischen Autor*innen und Verlagen.

*https://www.boersenverein.de/markt-daten/marktforschung/wirtschaftszahlen/buchproduktion/

Der traditionelle Weg über Agenturen als Vermittler

Wer im deutschen Buchmarkt beruflich zu Hause ist, kennt diese besonderen Tage auf der Frankfurter Buchmesse: Am Mittwoch und Donnerstag herrscht reges Kommen und Gehen. Bevor die Messe ab Freitag für alle Besucher*innen öffnet, werden hier Geschäfte gemacht: Agent*innen, Scouts, Lektor*innen treffen zusammen und pitchen Titel, kaufen Rechte und verhandeln über Lizenzausgaben. 

Vor allem die Scouts behalten die internationalen Märkte das ganze Jahr über im Blick und wissen genau, welche Originaltexte das Potenzial für eine Übersetzung mitbringen. Und natürlich tragen sie diese nicht nur zur Messezeit an die Verlage heran, sondern in allen Monaten des Jahres.

Dieses Modell hat allerdings einen Preis: Bis zu 20 % Provision werden von den einkaufenden Verlagen verlangt, dazu kommen noch die Lizenzgebühren und die Honorare für Autorinnen – und da haben wir noch nicht einmal eine fertige Übersetzung. Natürlich hat dieses Modell auch Vorteile: Man kennt sich, die Vertragsverhandlungen sind hoch professionalisiert und die zeitlichen Abstände zwischen Originalwerk und Übersetzung werden immer kürzer.

Direkte Kontakte sparen Geld, kosten aber Zeit und Nerven

Alternativ entwickeln sich Übersetzungsprojekte gelegentlich aus persönlichen Gesprächen und neuen Kontakten. Bei Branchentreffen, auf der Messe, am Rande von Lesungen finden so vor allem kleinere Verlage mit Übersetzer*innen, ausländischen Publishern oder Länderplattformen zusammen und besprechen künftige Kooperationen.

Gerade in den kleinen Sprachen sind Übersetzungen sehr risikobehaftet für die deutschen Verleger*innen. Die Namen der Autor*innen sind häufig bei den deutschen Leser*innen noch nicht etabliert, die Kulturen fremd und wenig zugänglich. Ohne finanzielle Förderungen geht hier häufig nichts, zum Beispiel mit festen Beträgen für die Übersetzungsleistung an sich oder der Vermittlung von Kontakten zur Festivals und Literaturhäusern oder der Übernahme von Reisekosten für ausländische Autor*innen für Lesereisen. Dafür lassen sich die Konditionen für eine Übersetzung mit den ausländischen Verlagen leichter auszuhandeln auf dem direkten Weg.

Übersetzer*innen kommt bei der direkten Vermittlung von Titeln eine besondere Rolle zu, denn sie sind diejenigen, die Literatur aus dem Ausland an Verleger*innen empfehlen. Findet ein Titel Interesse, dann schreiben sie zum Beispiel zunächst ein Manuskriptgutachten, sodass klar ist, worum es geht und welche USP (Unique Selling Points – also Verkaufsargumente) ein Titel mitbringt. Passt das alles, geht es in die nächste Phase. 

Vertragsverhandlungen: Ein bisschen wie Diplomatie, ganz viele Pitchdecks

Unabhängig davon, wie der Kontakt zustande kam – im nächsten Schritt geht es weiter mit Vertragsverhandlungen. Mit viel Glück verhandelt ein deutscher Verlag als einziger Bieter mit einem ausländischen. Häufig, und gerade bei sehr erfolgsversprechenden Titeln, starten jetzt die Pitches. Dabei präsentieren die bietenden Verlage anschaulich, zu welchen Konditionen sie den Titel einkaufen möchten. 

Ein Pitch beinhaltet unter anderem:

  • ein Angebot für die Lizenzgebühr
  • Konditionen für die Autor*innen
  • eine voraussichtliche Verkaufsauflage
  • oft auch den Namen/die Namen von Übersetzer*innen, die für den Titel vorgesehen sind
  • Marketingstrategien und Angaben, wie der Titel im Programm platziert werden soll
  • Erscheinungsdatum

Bis ein Pitch steht oder ein Verlag ein Angebot abgeben kann, braucht es eine intensive Vorbereitung. Marktchancen werden eingeschätzt, Kalkulationen durchgeführt und erste Verhandlungen auch mit Übersetzer*innen geführt. Neben den Zahlungen an die ausländischen Verlage und Autor*innen müssen auch Übersetzungskosten, Kosten für Lektorat, Korrektorat und Herstellung natürlich ein Marketingbudget berücksichtigt werden. Diese Verhandlungen können unter Umständen sehr lange dauern, in manchen Fällen ziehen sie sich über Monate hinweg. 

Glücklich also, wer im direkten Kontakt und ohne Konkurrenz um einen Titel feilschen kann. Hier geht es entspannter zu: ein paar E-Mails und persönliche Gespräche führen häufig zum Ziel. Aber auch hier gibt es viel zu tun, denn ein Vertrag ist lang und muss in vielen Punkten einzeln diskutiert und vereinbart werden. 

Digitale Wege eröffnen neue Chancen

Der Weg eines Titels zu einer deutschen Übersetzung ist also komplex und vielschichtig. Und er wird sich in Zukunft weiter verändern, denn immer häufiger entdecken Lektor*innen Titel direkt. Und auch Selfpublishing wird interessanter. Nicht wenige englischsprachige Indie-Autor*innen sind an Übersetzungen interessiert und lassen sich nicht durch Agenturen vertreten – sie wollen selbst entscheiden. 

Aber egal, auf welchem Weg ein Vertrag zustande kommt: Im nächsten Schritt kommt es auf die Übersetzer*innen an, die Brücken bauen für Leser*innen und ihnen fremdsprachige Titel nahebringen. 

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Aus dem Lektorat

Freies Lektorat: Branchenrückblick 2024 und Ausblick

2024 ist Geschichte. Hallo, 2025! Es wird Zeit, einen Blick zurück zu werfen auf die Buchbranche und die Themen, die vor allem freie Lektor*innen und Übersetzer*innen bewegt haben. Vorweg: Auch 2024 wurde die Stimmung nicht besser. Aber in vielen Gesprächen mit Menschen, die in der Branche unterwegs sind, ist wieder deutlich geworden: Wir machen weiter.

Erneut haben wir viel über KI und die sehr realen Bedrohungen diskutiert, die die Modelle wie ChatGPT für freie Lektor*innen darstellen – und natürlich noch viel mehr auch für Übersetzer*innen. Viele Kolleg*innen haben sich von der Selbständigkeit verabschiedet. Manche in Teilzeit, andere vollständig. Einige sind sogar in ganz andere Branchen und Unternehmen gewechselt. Und auch der Markt ist kleiner geworden und hart umkämpft. Schauen wir uns die Faktoren im Einzelnen an.

Verlagslandschaft im Umbruch

Die Verlagsbranche befindet sich auch in Deutschland zunehmend in einem Wandel. Die Situation der Indieverlage war schon lange prekär, mit den Kürzungen im Bundeshaushaltfür Kultur wird es noch schwieriger werden. Allein dem Übersetzerfonds droht die Kürzung von 2,45 Mio. EUR (von denen nur 2,15 Mio. EUR wirklich gezahlt wurden) auf 1,5 Mio. EUR im kommenden Jahr. Von einer struktuellen Verlagsförderung, wie sie beispielsweise die Kurt Wolff Stiftung schon seit Jahren fordert, sind wir weiter entfernt denn je. Das Ergebnis sind Verlagsschließungen oder Rettungen in letzter Sekunde, in diesem Jahr beispielweise beim Hirnkost Verlag aus Berlin. 

Warum eine strukturelle Verlagsförderung sinnvoll ist, liest du hier.

Stattdessen geraten auch immer größere Verlage in eine Schieflage, etwa der traditionsreiche suhrkamp-Verlag, der in diesem Jahr von einem Baumarktmogul gerettet wurde.

Und noch ein Phänomen macht sich auf dem deutschen Buchmarkt breit: Konzentrationsprozesse führen zu immer größeren Verlagsgruppen, während gleichzeitig die Etats für externe Dienstleister*innen sinken. Viele Verlage haben ihre hausinternen Lektorate stark verkleinert – bei steigender Arbeitsbelastung. Trotzdem sind viele angewiesen, Aufträge vermehrt intern zu erledigen und nicht extern zu vergeben. Der wirtschaftliche Druck wächst weiter und die Branche verbrennt ihre besten Arbeitskräfte.

Für mich persönlich war der Verleih des Deutschen Verlagspreises in diesem Jahr ein Highlight, denn den Hauptpreis erhielt Adrian Kasnitz, Verleger der parasitenpresse in Köln und das Zuhause meiner Übersetuzungen der Werke von Janis Jonevs. Und auch der Mauke Verlag aus Thüringen wurde ausgezeichnet, in dem 2025 eine erste Erzählung von Dace Vigante erscheinen wird.

Künstliche Intelligenz – überschätzt und unterschätzt

Ach ja, das Dauerthema KI war auch im Jahr 2024 nicht wegzudenken. Die Diskussion um den Einsatz künstlicher Intelligenz dreht sich gleich um mehrere Themenfelder: Was ist mit KI-generierten Coverbildern? Illustrator*innen – gerade im Kinderbuchbereich – sind dagegen, aus guten Gründen.

KI-generierte Texte erobern derweil amazon. Dahinter steckt ein dreckiges Geschäftsmodell, das leider sehr gut funktioniert und über das ich an anderer Stelle noch schreiben werde. 

Aber auch im Lektorat gibt es einige Ansatzpunkte für KI: So wird in Selfpublishung-Gruppen gern empfohlen, für die Korrektur von Rechtschreibung und Grammatik einfach KI einzusetzen. Das soll die Kosten für ein professionelles Korrektorat sparen. Auf den ersten Blick ist das keine schlechte Idee: Viele KI-Modelle können einfache Fehler in Texten erkennen und korrigieren. Da aber endet es leider. Gerade komplexe Sachverhalte oder stilistische Feinheiten erkennt eine KI nicht zufriedenstellend und ersetzt somit keine menschliche Arbeit. 

Trotzdem ist bei vielen Akteur*innen das Vertrauen in die Fähigkeiten der KI (noch) sehr groß und hat sehr reale Auswirkungen auf die Branche. Viele Kolleg*innen berichten, dass sie Kunden vor allem im Unternehmensbereich verloren haben, die jetzt auf KI-Lösungen setzen. Für Übersetzer*innen gibt es immer mehr Angebote, ein sogenanntes Post-Editing zu übernehmen, d.h. eine KI-Übersetzung nachzubearbeiten. Dafür werden nur noch Bruchteile des üblichen Honorars angeboten: Ein krasses Beispiel wurde bekannt, als Janine Malz, selbst Übersetzerin, ein „Angebot“ von Bastei Lübbe öffentlich beantwortete: „Selbst wenn ich mir Mühe gebe, würde ein schlechterer Text herauskommen.“(LinkedIn)

Weitere Professionalisierung des Self-Publishing und mehr Quereinsteiger*innen

Der Selfpublishing-Markt hat sich bereits  in den letzten Jahren zunehmend professionalisiert, ein Trend, der weiter anhält. Immer mehr Autor*innen investieren gezielt in professionelle Begleitung von der Konzeption an. Der Beratungsbedarf ist in diesem Marktsegment hoch – der Qualitätsanspruch steigt kontinuierlich.

Gleichzeitig drängen immer mehr Quereinsteiger*innen in den Markt, was dazu führt, dass der Preisdruck noch weiter steigt. In einschlägigen facebook-Gruppen habe ich in den letzten Monaten immer wieder Diskussionen gesehen um Dumpingpreise oder mangelnde Qualität bei Anfänger*innen. Viele dieser neu auftauchenden Anbieter*innen verschwinden schnell wieder in der Versenkung, nur wenige schaffen es mit klarer Positionierung und Differenzierung über das erste Jahr hinaus. 


Du willst dich mit einem freien Lektorat selbständig machen? Hier liest du, was du vorher unbedingt wissen solltest.


Traditionelle Kernkompetenzen bleiben wichtig

Trotz dieser eher schlechten Stimmung in der Branche, die sich aus 2023 fortsetzt, gibt es Trends und Nischen, die weiterhin attraktiv sind. Die klassischen Aufgaben des Lektorats bleiben dabei weiterhin das Fundament der Arbeit. Es lohnt sich jedoch durchaus, den Fokus etwas zu verschieben: Die Begleitung von Autor*innen gerade in der Konzeptionsphase und die Anfertigung von Manuskriptgutachten sind lohnende Felder. Gerade im Selfpublishing-Bereich führt die Professionalisierung dazu, dass sich besonders Erstautor*innen hier genauer umschauen.

Für freie Lektor*innen, die schon länger dabei sind, empfiehlt sich sicher auch ein Blick auf das eigene Portfolio. Sind die eigenen technischen Kenntnisse noch auf dem aktuellen Stand oder können nachgeschärft werden? Sind Alleinstellungsmerkmale noch relevant und spiegeln sie sich in den Referenzen? Der Jahresanfang ist ein guter Zeitpunkt, das eigene Unternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen und strategisch neu zu denken, wo es notwendig ist.

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Übersetzung

Literaturübersetzung: Von Metalheads und Brückenbauer*innen | Ein Übersetzungsbericht zu Jelgava 94

Als ich den Auftrag bekam, Jelgava 94 zu übersetzen, wusste ich sofort: Das wird eine große Herausforderung. Ich hatte zwar Baltistik studiert, aber schon einige Jahre lang Lettisch nicht mehr aktiv gesprochen oder übersetzt. Im Nachgang betrachtet war es schon eine nicht richtig durchdachte Idee, eine Literaturübersetzung für diesen Coming-of-Age-Roman zu liefern. Was folgte, waren Monate, in denen ich nicht nur viel übers Übersetzen gelernt habe, sondern auch darüber, wie ich mit Zweifeln umgehen kann, wo ich Hilfe finde und warum ich diesen Roman immer wieder übersetzen würde.

Jelgava 94 ist ein besonderer Roman in der Hinsicht, dass er ein Gefühl repräsentiert: Anderssein. Metal steht als Subkultur hier im Mittelpunkt. Wie fängt man diese Energie ein, die Rebellion gegen das Establishment, die sich nicht nur in der Handlung, sondern in jedem einzelnen Satz ausdrückt? Das fängt bei vermeintlich einfachen Dingen an: Sind „metalisti“ im Deutschen „Metalheads“ oder „Metaller“? Hier geht es ja um eine Lebenseinstellung – in diesem Fall um die Möglichkeit, sich abzugrenzen von einer noch sowjetisch geprägten Gesellschaft. Diese kulturellen Codes zu übersetzen, bedeutet mehr, als nur Wörter zu finden – ich stand vor der Aufgabe ein Gefühl zu vermitteln.

Diese Herausforderung eines guten Kulturtransfers begegnet uns Übersetzer*innen täglich. Eine Literaturübersetzung ist immer weit mehr als nur die Übertragung der Wörter in der richtigen Reihenfolge – sie ist auch mit Lokalisierung und Erklärungen von Sachverhalten verbunden. Wir sind weit mehr als nur Vermittler*innen zwischen Sprachen – wir bauen Brücken zwischen Kulturen, sind also eine Art  literarische Architekt*innen, die Texte nicht einfach übertragen, sondern sie für eine andere Leserschaft neu erschaffen.

Architektur und persönliche Entscheidungen

Einen Roman zu übersetzen gleicht also ein wenig der Arbeit von Architekt*innen: Man entwirft quasi eine gotische Kirche in Tokio – mit lokalen Materialien, aber so, dass sie als gotische Kirche eindeutig zu erkennen ist.

Es sind die Übersetzer*innen, die Länderliteraturen für anderssprachige Leserschaften eröffnen. Hinter jedem übersetzten Buch steht mindestens eine Person, die über Wochen und Monate einen Großteil ihrer Zeit damit verbracht hat, Dinge zu recherchieren, an Formulierungen zu feilen. Eine gute Übersetzung kann über den Erfolg eines Buches auf dem deutschen Markt entscheiden. Es gibt viele Menschen, die ihre Auswahl sogar nach dem Namen der übersetzenden Person wählen. Übersetzen ist eine individuelle Entscheidung – und kaum irgendwo zeigt sich das so sehr wie bei einem Vergleich von Übersetzungen eines einzelnen Werks.

Ein Beispiel, welche Kontroverse eine Übersetzung auslösen kann, ist die englische Übersetzung von Han Kangs Roman Chaeshikjueuija – The Vegetarian. Nach dem Erscheinen tauchten in der koreanische Presse immer mehr Berichte auf, die Deborah Smiths Übersetzung als „off the mark“ – also, als „daneben gegriffen“: 

„For one thing, Smith amplifies Han’s spare, quiet style and embellishes it with adverbs, superlatives and other emphatic word choices that are nowhere in the original. This doesn’t just happen once or twice, but on virtually every other page. Taken together, it’s clear that Smith took significant liberties with the text.“

Charse Youn, Los Angeles Times

Interessant dabei ist, dass die englischsprachigen Leser*innen diese Freiheiten der Übersetzerin nicht nur nicht bemerkt haben, sondern sogar begrüßt haben. The Vegetarian hat sich auf dem US-Markt sehr gut verkauft und bekam eine ganze Reihe sehr guter Kritiken.

Wie auch immer man bewerten möchte, dass sich Deborah Smith diese Freiheiten genommen hat: Für Amerikaner*innen hat The Vegetarian die Türen weiter geöffnet für koreanische Literatur und Kultur. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Übersetzungen aus dem Koreanischen, übrigens auch in Deutschland – vor allem von Ki-Hyang Lee.

#NameTheTranslator: Fehlende Sichtbarkeit und faire Bezahlung

Die Statistik ist aber ernüchternd: Laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels nennen nur 54 % der übersetzten Bücher ihre Übersetzer*innen auf dem Cover. Wir sprechen hier von Belletristik, für Sachbücher sieht die Lage noch einmal anders aus, denn hier stehen andere Merkmale im Vordergrund. Es ist also eher unüblich, Namen der Übersetzer*innen direkt auf dem Cover zu finden.

Diese Sichtbarkeit ist jedoch vor allem bei der Belletristik sehr wichtig – nicht nur für die Anerkennung der Arbeit der übersetzenden Personen, sondern auch für eine faire Bezahlung. Inzwischen reicht es nicht mehr, wenn man aus einer großen Sprache wie Englisch übersetzt, zum Überleben. Viele Übersetzer*innen können kaum noch ihre Lebenshaltungskosten mit ihrem Beruf decken und müssen weitere Services anbieten oder übersetzen nur noch neben einem Hauptjob. 

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Ein Beitrag geteilt von Lisa Kögeböhn (@koegeboehnsche)

Das betrifft vor allem kleine Sprachen: Unter den Lettisch-Übersetzer*innen in Deutschland gibt es nur eine Person, die Übersetzen als Hauptberuf ausübt – für rechtliche Dokumente und mit gleich meheren Sprachen. Selbst hier ist die Literaturübersetzung nur eine Randerscheinigung.

Mit dem Hashtag #namethetranslator machen Übersetzer*innen in den sozialen Medien immer mehr auf ihre Situation aufmerksam und erhöhen damit das Bewusstsein für die Arbeit aller Kolleg*innen. 

Die Brücke betreten: Warum Übersetzer:innen wichtig sind

Wenn Sie das nächste Mal einen übersetzten Roman in die Hand nehmen – egal in welcher Sprache – denken Sie an die Menschen, die diese Texte zugänglich gemacht haben. Übersetzer*innen sind mehr als nur Sprachmittler*innen. Sie vermitteln Kultur und helfen uns dabei, die Welt durch andere Augen zu sehen. Mit Übersetzungen erföffnen Sie uns andere Kulturen und Denkweisen, die uns wiederum bereichern, verwundern können.

Oder sie erinnern uns daran, dass wir uns ähnlich sind: Jelgava 94 hat auch deshalb in meinem Herzen bis heute einen besonderen Platz, weil es zeigt, dass Erwachsenwerden nie einfach ist – auch nicht als Metalhead in einer lettischen Kleinstadt.

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Artikel

Von “weisen Frauen” und kundigen Nonnen – Heilkunde und Medizin 

Dieser Artikel erschien erstmal im November 2022 im Sonderheft von DIE MARK BRANDENBURG „Hexen in Brandenburg“ in Kooperation mit Kathrin Schwarz (Historikerin).

Heilige und Hexen – was zunächst nach einem Paar voller Gegensätzlichkeit klingt, ist in Wahrheit eng miteinander verwoben. Die Äbtissinnen und Mystikerinnen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit unterscheiden sich wenig von den „weisen Frauen“, den Heilkundigen unter der einfachen Bevölkerung. Während die Mystikerinnen der Kirche mit „Wundern“ und Klostermedizin eine Art weiße Magie im Namen Gottes ausüben, unterstellt man den „weisen Frauen“ schwarze Magie und den Bund mit dem Teufel. Wie nah sich Hexe und Heilige sind, zeigt sich besonders deutlich in einem Lebensbereich: der Versorgung von Kranken und Schwangeren.

Viele Klöster unterhielten Spitäler zur Versorgung der Kranken und Armen. Klostermedizin bezeichnet die Heilkunde der Mönche und Nonnen vom 6. bis etwa 13. Jahrhundert. Hinter den Klostermauern wurde das Wissen über Heilpflanzen und die Vier-Säfte-Lehre nach Hippokrates und Galenos weitergegeben. In den Gärten, angelegt nach dem St. Galler Klosterplan, wuchsen ausgesuchte Heilpflanzen. Heidnische Zaubersprüche wurden zunehmend von christlichen Segen und Gebeten abgelöst. Die Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen gilt als eine der bekanntesten Mystikerinnen und brachte Wissen aus beiden Traditionen – Klostermedizin und Volksmedizin – etwa in ihrem Buch Physica zusammen. Auch das Konzept der „Grünkraft“ (lat. viriditas), also der Kraft, die allem Lebendigen zugrunde liegt, geht auf Hildegard zurück. Hildegards Werke verbreiteten sich schnell. Man kann davon ausgehen, dass auch die Zisterzienserinnen im Kloster Zehdenick über ein beachtliches medizinisches Wissen verfügt haben dürften. 

Der Legende nach war das Kloster an dieser Stelle im Jahr 1249 nach einem “Wunder” gegründet worden: Die Besitzerin einer Bierschänke soll eine geweihte Hostie unter einem Bierfass im Keller vergraben haben, um das Bier frisch zu halten. Doch sie bekam ein so schlechtes Gewissen, dass sie den Vorfall beichtete. Als die Hostie wieder ausgegraben wurde, soll Blut ausgetreten sein und die Erde rot gefärbt haben. Das Blutwunder sprach sich herum und der Ort wurde zu einer Pilgerstätte.  Die Markgrafen Johannes und Otto von Brandenburg und ihre Schwester Mechtild, Herzogin von Braunschweig, stifteten daraufhin das Kloster. Bis 1541 lebten hier Nonnen, die sich auch um die Kranken im Einzugsbereich des Klosters kümmerten. 

Der Klostermedizin gegenüber stand die sogenannte Volksmedizin. Besonders auf dem Land, wo anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht verfügbar waren, übernahmen „weise Frauen“ die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Seit jeher lag die Verantwortung für die Gesundheit der Familie bei den Frauen. Vom 13. bis weit ins 16. Jahrhundert waren Frauen aus den oberen Gesellschaftsschichten sogar Mitglieder der Zünfte der Schnitt- und Wundärzte oder Bader. Ihre Expertise war hoch anerkannt und geschätzt. Sie hatten umfangreiches Wissen über die Verwendung von Kräutern, bereiteten Tinkturen, Salben und Umschläge und halfen Frauen durch die gefährlichsten Phasen ihres Lebens: Schwangerschaft und Geburt. Nicht selten kamen dabei auch vorchristliche Schutzzauber und Gesten zum Einsatz – ein Äquivalent zu den Segen und Kreuzzeichen der christlichen Kirche. Selbst Angehörige der Kirchen suchten regelmäßig bei diesen “PraktikerInnen” Rat, wenn das Gebet nicht half. 

Das Wissen um die Wirkung von Kräutern und ihre Zubereitung und Anwendung wurde über Jahrhunderte mündlich weitergetragen. Viele der Pflanzen tragen auch heute noch sprechende Namen, z. B. Augentrost, auch bekannt als Wegleuchte, Zahnwehkraut, Lichtkraut und Augendank. Angeblich konnte das Kraut das Sehvermögen wiederherstellen, Entzündungen heilen und bei Kindern Spätfolgen verhindern, wenn man es ihnen bei einer Masernerkrankung auf die Augen legte. Anderen Pflanzen dagegen wurden magische Eigenschaften zugesprochen. Wermutkraut wurde angeblich für den Pakt mit dem Teufel genutzt, Greiskraut wachse dort, wo eine Hexe uriniert habe, und weiße Blüten brachten seit jeher Unglück. Die Mitglieder aus der Familie der Brassicaceae dagegen waren sicher, denn ihre Blüten bilden ein Kreuz – das Zeichen der Kirche.

 Mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg eröffneten sich ab 1495 neue Möglichkeiten. Statt mühsam von Hand abgeschrieben zu werden, konnten Manuskripte nun einfach mit Lettern gesetzt und viel schneller gedruckt und verbreitet werden. Jetzt wurde Wissen vermehrt aus dem Lateinischen übersetzt, es erscheinen Traktate, (medizinische) Rezeptsammlung und Lehrbücher. So halfen Werke wie das Frauenbüchlein (1495) oder das Hebammenlehrbuch Der schwangeren Frauen und Hebammen Rosengarten (1513) dabei, Wissen zu bewahren und weiterzugeben, auch wenn Bücher nach wie vor rare Schätze waren, deren Inhalte durch Vorlesen weitergegeben wurde.

Mit dem Ende des 15. Jahrhunderts setzte ein Wandel ein. Religiöse Vertreter sahen den Sieg des Christentums über den Teufel gefährdet und interpretierten die Segnungen und Heilkünste der “Praktikerinnen” und Hebammen in einem neuen Licht. In einer Zeit, die generell von großer Unsicherheit geprägt war, gerieten die „weisen Frauen“ zunehmend in Verruf. Ein Blick in die Akten der deutschen Hexenprozesse zeigt, dass viele der verurteilten Frauen und Männer einfache Naturheilkundige waren. Vor allem analphabetische Landfrauen waren überdurchschnittlich oft Opfer von Verfolgung und Folter. Wie kurz der Weg auf den Scheiterhaufen war, zeigt das Schicksal der Semliner Bäuerin Anna Rahns im Jahr 1672. Sie wurde angeklagt, drei Wochen vor Ostern sogenannte „Hexenbutter“ hergestellt zu haben. Beschwert hatten sich die Käufer Andreas Dielaß und Hans Schönemann aus dem benachbarten Ferchesar. Die gekaufte Butter sei voller Haare, Wolle und Dreck gewesen, gaben sie an. Am 4. Juni 1672 wurde sie an den Brandenburger Schöppenstuhl überstellt. Ihr Schicksal war damit besiegelt – sie würde die letzte Person sein, die man in Rathenow als Hexe verbrannte. Heute erinnert auf dem Semliner Dorfplatz ein Denkmal des Künstlers Volker Roth an sie.


Lesetipps

Anderson, Bonny/Zinsser, Judith (1995): Eine eigene Geschichte. Die Geschichte der Frauen in Europa. Frühgeschichte bis 18. Jahrhundert. Frankfurt a. Main: Fischer.

Dinzelbacher, Peter (2001): Hexen oder Heilige? Schicksale auffälliger Frauen. Düsseldorf: Patmos.

Kruse, Britta-Juliane (1999): “Die Arznei ist des Goldes wert”. Berlin: De Gruyter.

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Aus dem Lektorat

Typografie 101: Der Gedankenstrich

Eine Strichlänge kann den Unterschied machen! Damit Sie in Zukunft genau wissen, wann Sie einen Gedankenstrich setzen sollten und ob auch Leerzeichen ins Spiel kommen, habe ich Ihnen in diesem Artikel die wichtigsten Anwendungsfälle zusammengestellt.

Der Bindestrich hält zusammen, was zusammen gehört

Wenn Sie auf Ihrer Tastatur die Taste neben dem Punkt drücken, erzeugen Sie einen Bindestrich. Den Bindestrich verwenden wir für zusammengesetzte Wörter (Komposita) und Anschnitte.

Social-Media-Beiträge, Nobel-Preis

An- und Verkauf, über- und untergeordnet

Der Bindestrich ist kürzer als der Gedankenstrich und wird in den zusammengesetzten Wörtern und Anschnitten ohne Leerzeichen verwendet.

Übrigens: Auch, wenn es manchmal ungewohnt aussieht, werden Wortkombinationen aus deutschen und englischen Begriffen im Deutschen grunsätzlich durchgekoppelt.

Der Gedankenstrich betont einen Satzteil

Der Gedankenstrich (eigentlich Halbgeviertstrich) dagegen ist etwas
komplizierter. Mit Leerzeichen nutzen wir ihn für Einschübe oder Nachstellungen in Sätzen.

Die Autorin – eine Expertin auf dem Gebiet der Energiewende – präsentierte ihre neueste Forschung.

Ich freue mich schon auf das Meeting nächste Woche – sofern meine Termine es zulassen.

Sie sehen, die Länge des Gedankenstrichs unterscheidet sich vom Bindestrich. Der Gedankenstrich unterbricht hier unseren Lesefluss und erzeugt eine Pause – und damit eine Betonung eines Satzteils.

Nutzen Sie ihn sparsam in Ihren Texten. Er kann eine starke Wirkung erzeugen.

Der Bis-Strich für alle Streckenfälle

Der Bis-Strich ist eine besondere Form des Gedankenstrichs, auch bekannt als  Halbgeviertstrich. Er wird im Deutschen auch für Bereichsangaben oder Verbindungen verwendet. Das übrigens legt die DIN5008 fest.

1990–1998

12.–15. November, 09:00–18:00 Uhr

Berlin–Frankfurt–München

S. 50–75

2,0–3,5 GHz

Bei all diesen Verwendungen setzen sie KEINE Leerzeichen. Das Argument „Aber mir gefällt das besser …“ zählt nicht – zumindest dann nicht, wenn Sie auch Textprofis von Ihren Texten überzeugen möchten.

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Literatur Menschen und Bücher

„Gemeinsam sind wir stark, das ist die Idee.“ Verleger Jens Korch im Interview

 

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Netzwerk für Indieverlage aufzubauen? Welche Herausforderungen sind dir dabei begegnet?

Im März 2020 wurde die Leipziger Buchmesse in der Corona-Pandemie abgesagt – wenige Tage vor Beginn. Viele Verlage hatten sich monatelang auf dieses wichtige Ereignis vorbereitet. Und standen plötzlich vor dem Nichts.

Über eine sehr aktive Facebook-Gruppe für unabhängige Verlegerinnen und Verleger habe ich einen Aufruf gestartet: Lasst uns gemeinsam ein kleines Buchmagazin machen, dort stellen wir alle Titel vor, die wir in Leipzig präsentiert hätten! Und schicken das an alle Buchhandlungen, an Blogs, an die Presse, an Leserinnen und Leser … Ich hatte mit 10 Verlagen gerechnet – am Ende waren wir 50. Die erste Ausgabe „Schöne Bücher“-Magazins war geboren.

Mittlerweile sind wir bei der siebenten Ausgabe, jetzt mit 100 Verlagen. Gemeinsam sind wir stark, das ist die Idee dahinter. Das Netzwerk hat sich seitdem entwickelt, über die Verlage kommen viele Ideen, die wir mit so viel Manpower gemeinsam stemmen können. Herausforderungen gibt es viele, aber das lässt sich im Gespräch stets lösen. Das Leben als Verlegerin oder Verleger ist ja an sich aktuell schon mehr Herausforderung denn je. Da soll die Netzwerkarbeit Lösungen und Ideen bieten, wie sich etwas erleichtern lässt.

2021 gewann Laura Vinogradova für ihr Debüt den Europäischen Literaturpreis. Jetzt ist der Roman auf Deutsch erscheinen, in einer Übersetzung von Britta Ringer
Gerade gibt es viele Diskussionen um die Stellung von kleinen Verlagen in der deutschen Literaturlandschaft. Sinkende Sichtbarkeit, ein Buchhandel, der sich wenig mit den Programmen befasst, erdrückende Monopolisierung – und zuletzt auch Kritik an der Verteilung von Preisgeldern. Wie siehst du die Zukunft der Verlagslandschaft?

Tatsächlich ist es momentan keine leichte Zeit. Aus den vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen höre ich das täglich heraus. Neulich hörte ich den Satz: „Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass ein Buch ‚nice to have‘ ist für die Leute, aber kein ‚must have‘.” Das klingt erstmal hart, aber ich denke, das stimmt. Wenn irgendwo gespart werden muss beim Konsum, dann fallen leider Bücher oft hintenrunter.

Und das merken die Verlage aktuell immer wieder. Das schnelle „Ich schau mal beim Buchladen rein und nehme mir mit, was mich da so anspringt.“ ist derzeit quasi nicht vorhanden. Stattdessen wird gezielt nach Titeln der „Bestsellerlisten“ gefragt. Was aber kaum jemand sieht: Dort sind oft die großen Konzerne zu finden, die Bücher mit ganz andere Möglichkeiten – personell, finanziell – bewerben können. Und die Indies? Gehen mit ihren Perlen im Sortiment leider oft unter, weil niemand davon weiß.

Ob es in einem Jahr weniger kleine Verlage als jetzt gibt? Oder gar in fünf, zehn? Ich weiß es nicht, befürchte aber: Ja. Das Sterben passiert nicht mit einem großen Knall und Abschiedsschmerz. Sondern die sind dann eben einfach nicht mehr da.

„Was im Feuilleton besprochen wird, wird gekauft“, heißt es oft. Welche Wege geht das Schöne-Bücher-Netzwerk, um die Bücher der Mitgliedsverlage an die Leserinnen und Leser zu bekommen?

Tatsächlich ist aus meiner Sicht und nach vielen, vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen da gar nichts mehr dran. „Wir hatten eine halbe Seite Buchbesprechung in der FAZ – und danach wurde nicht messbar mehr verkauft“: Sowas höre ich immer wieder. Zuletzt sogar nach großen Beiträgen in TV-Boulevardmagazinen, dabei galt das ja immer als Königsklasse der Buchbewerbung.

Mit dem Netzwerk versuchen wir uns breit aufzustellen. Es gibt unser gemeinsames Verlagsmagazin – ein Mix aus gemeinsamer Vorschau, Katalog, Magazin. Dazu gibt es jede Woche einen Newsletter für Buchfans und den Handel mit nette, bunten Geschichten aus den Verlagen oder über Autorinnen und Autoren. Wir teilen uns auch mal gemeinsam die Kosten für eine Anzeige in einem Fachmagazin – da kann jeder Verlag richtig was sparen, das hilft auch.

Zu den Buchmesse sind wir gemeinsam präsent. Erstmals im Herbst 2023 mit einem Schöne-Bücher-Stand auf der Frankfurter Buchmesse. In Leipzig hatten wir im Frühjahr 2023 eine gemeinsame Sticker-Sammel-Aktion, bei der mehr als 100.000 Aufkleber mit Buchvorstellungen verteilt worden. Das hat uns großes Feedback eingebracht und den Verlagen ganz neue Interessenten.

Gibt es eine besondere Erfolgsgeschichte aus dem Schöne-Bücher-Netzwerk, die dich besonders berührt hat und die du teilen möchtest?

Keine Einzelgeschichte, aber vielleicht kann ich so viel sagen: Ich freue mich total, wenn die Verlegerinnen und Verleger mit Ideen und eigenen Aktionen auf mich zukommen. Dann merke ich: Sie haben den Netzwerkgedanken verstanden und wissen, dass sie so mehr Aufmerksamkeit bekommen können, als wenn sie allein etwas tun. Gerade zum Beispiel gibt es Fotos von Verlegerinnen und Verlegern im Urlaub – natürlich immer in einer tollen Buchhandlung am Urlaubsort.

Klar ist die Arbeit immer zusätzlicher Aufwand und die eigene Verlagsarbeit bleibt immer oberste Priorität. Aber sind wir vielen kleinen Verlage, wenn wir es geschickt anstellen, nicht auch zusammen eine große Einheit? Na klar! Da ist noch viel Potenzial.

So schön sehen sie in der Wanne aus: Die wasserfesten Wannenbücher von Verleger Jens Korch
Indieverlage haben oft eine besondere Beziehung zu ihren Autor:innen und deine Edition Wannenbuch hat obendrauf noch einmal ein ganz besonderes Format. Wie pflegst du diese Beziehungen und wie kommen neue Autor:innen zu dir?

Ich merke, dass die Autorinnen und Autoren den direkten Kontakt zum Verlag schätzen – das ist bei großen Konzernverlagen gewiss in der Form nicht möglich wie bei uns. Ich kenne alle persönlich, wir treffen uns auf Messen wieder oder bei Lesungen – und da sind schon  richtig nette Freundschaften entstanden.

Auch neue Autorinnen und Autoren finde ich über Messen, meist kommt man dort am Stand ins Gespräch. Sie entdecken dann die Idee der wasserfesten Bücher der Edition Wannenbuch und fragen, ob sie sowas selbst nicht auch ausprobieren können. Das macht Spaß und ich könnte, gemessen an den eingesendeten Manuskripte, ein Vielfaches von dem veröffentlichen, was ich tatsächlich machen kann.

Wer sind deine Leser*innen?

Es sind vor allem – geschätzt 90 Prozent – Leserinnen. Leser tatsächlich weniger. Männer finden die Idee der Wannenbücher super, aber kaufen sie dann als Geschenk für eine Frau. Frauen selbst kaufen Wannenbücher für sich, als kleine Auszeit, als nette Idee für ein schönes Bad.

In deinem Imprint Paperento ist am 01. September 2023 eine erste Übersetzung aus dem Lettischen erschienen. Wie wichtig ist es deiner Meinung nach, Bücher aus verschiedenen kulturellen Hintergründen und Ländern für deutsche Leser:innen zugänglich zu machen?

Superwichtig! Für mich ist es ein Pilotprojekt, aber schon bei der Recherche ist mir aufgefallen, was es da an vielen tollen Büchern gibt, die es absolut wert sind, auch von deutschen Lesern entdeckt zu werden.

Übersetzungen sind für den Verlag mit deutlich höherem Aufwand verbunden – die Übersetzung kostet Geld, es muss mit Autorinnen und Autoren und Verlagen im Ausland über die Konditionen gesprochen werden. Lesungen mit den Autorinnen und Autoren aus einem fremden Land hierzulande zu organisieren – ganz wichtig für die Buchbewerbung – ist ungleich aufwendiger. Es lohnt sich für Verleger, zu schauen, ob es Möglichkeiten an Unterstützung gibt – etwa über Förderprogramm für Verlage und/oder Übersetzerinnen und Übersetzer.

Bei uns erscheint im Herbst „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“ von Laura Vinogradova, ein toller, ein wenig melancholischer, sprachgewaltiger Roman über eine Frau auf der Suche nach sich selbst. Das Buch (im Original: „Upe“) hat 2021 den Europäischen Literaturpreis gewonnen, und das gewiss nicht ohne Grund.

Können wir auch in Zukunft Übersetzungen aus anderen Sprachen bei dir finden? Vielleicht sogar beim Wannenbuch?

Warum nicht? Mal schauen, wie der erste Versuch so ankommt bei den Leserinnen und Lesern. Letztlich muss auch ein Buch gut kalkuliert sein, sonst ist der Verlag am Ende nur ein teures Hobby – und das bringt es ja auch nicht.

Welche drei Bücher empfiehlst du als Herbstlektüre in diesem Jahr?

Nicht drei, sondern zehn! Genau so viele Titel nämlich erscheinen im Herbst 2023 in der Schöne-Bücher-Bibliothek. Auch das ist ein Versuch des Netzwerkes, gemeinsam nach neuen Werken zu suchen. Wir haben ein Jahr lang daran gearbeitet, haben zum Auftakt dieser Edition der unabhängigen Verlage zehn Autorinnen und Autoren am Start.

Die Genres sind querbeet: vom preisgekrönten Roman über Spannung aus dem Mittelalter, Einblicke hinter die Kulissen der Bühne oder Reisegeschichten bis zum Drama auf dem Mars. Die Reihe ist kuratiert von den Verlagen, die ihre besten Titel in die Schale geworfen haben – und die wir mit einem gemeinsamen Design nun zusammen bewerben.

Alle Titel sind lesenswert, sonst hätten wir das nicht gemacht. Mehr dazu gibt es unter www.schoenebuecher.net/bibliothek

Buchpremiere

Ankündigung für die Buchpremiere des Romans "Wie ich lernte, den Fluss zu lieben" von Laura Vinogradova

23. September 2023, 19:00 Uhr

Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt am Main.

Buchpremiere: „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“, ausgezeichnet mit dem Europäischen Literaturpreis 2021. Autorin Laura Vinogradova stellt ihr eben auf Deutsch erschienenes Buch im Gespräch mit Verleger Jens Korch (Paperento Verlag) vor.

Eine Veranstaltung der Plattform Latvian Literature, der Lettischen Gesellschaft in Frankfurt e.V. und des Honorarkonsulats.

Begrüßung: Rüdiger von Rosen, Honorarkonsul der Republik Lettland.
Moderation: Bettina Bergmann
Dauer: 90 Minuten
Sprache: Deutsch

Eintritt frei. Ein Büchertisch ist eingerichtet.

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Aus dem Lektorat

Wie Sie Freelancer mit Genderformen in den Wahnsinn treiben – und wie Sie es vermeiden

„Gendern brauchen wir nicht!“

Vor einigen Wochen bekam ich einen Auftrag für ein Lektorat von einem Designer. Für einen Verband hatte er einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt. In den Texten tummelten sich verschiedene Formen: Doppelform, Doppelpunkt, Sternchen. Der Kunde wollte ausschließlich die maskuline Form nutzen und führte das auch darauf zurück, dass in seiner Branche nur wenige Frauen arbeiten würden, „die haben damit kein Problem“.

Wir empfahlen ihm, zumindest die Doppelform und neutrale Formen zu nutzen, um auch nicht männliche Personen in seiner Branche anzusprechen. Er lehnte noch einmal ab und ich bearbeitete das Dokument nach seinen Wünschen. Das gehört auch zu meinem Job: Ich selbst mag es nicht gut finden, aber wenn meine Kundschaft es so will, dann ist es so.

Am Montag darauf dann kam das Dokument wieder zurück: „Wir müssen dringend gendern! Es gab Kritik aus dem Verband! Aber das muss SOFORT sein, wir sind zu spät mit dem Druck!“

Resultat: Lektorin genervt, Designer maximal unter Druck, Druckerei verärgert. Und leider gar kein seltener Fall.

Warum Gendern?

Gendern gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es geht darum, Sprache inklusiver zu gestalten und auch nicht männliche Personen einzubeziehen. Viele wissenschaftliche und empirische Experimente haben gezeigt, dass inklusive Sprache zu veränderten Denkmustern bei den Sprechenden führen. Leider wird die öffentliche Debatte um das Gendern häufig emotional und ohne Grundlagenwissen geführt. Es scheint für viele Menschen ein Reizthema zu sein.

Trotzdem empfehle ich meiner Kundschaft bei jedem Auftrag, eine Entscheidung zu fällen, ob und wie in einem Text gegendert werden soll. Nicht selten bemerke ich dabei, welche Unsicherheiten noch herrschen. „Ich möchte nichts falsch machen“, ist ein Satz, der hier häufig fällt.

5 Tipps für den Einstieg ins richtige Gendern

Jeder Anfang ist schwer, aber richtig Gendern können alle, die es wollen. Hier bekommen Sie 5 Tipps, wie Sie am besten anfangen:

  1. Informieren Sie sich: Machen Sie sich mit den Grundlagen des Genderns vertraut. Verstehen Sie die verschiedenen Formen und Möglichkeiten, wie Sie sprachliche Geschlechtervielfalt in Ihren Texten berücksichtigen können.
  2. Nutzen Sie die Doppelform: Eine einfache Möglichkeit, beim Gendern anzufangen, ist die Verwendung der Doppelform (z. B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Sie ermöglicht es, sowohl männliche als auch weibliche Personen anzusprechen, ohne gleich mit Sonderzeichen wie Stern oder Doppelpunkt zu arbeiten. Gerade bei konservativen Zielgruppen ist das eine passende Form.
  3. Verwenden Sie neutrale Formen: Neben der Doppelform gibt es auch neutrale Formen, die geschlechtsunabhängig sind (z. B. Studierende statt Studenten oder Studentinnen). Diese bieten eine inklusive Alternative, um alle Menschen einzubeziehen. Ganz unten zeige ich Ihnen ein Tool, mit dem Sie im Alltag gut formulieren.
  4. Achten Sie auf Konsistenz: Es ist wichtig, eine einheitliche und durchgängige Verwendung der gewählten Gendersprache in Ihrem Text zu nutzen. Andernfalls kann es zu Missverständnissen und Verwirrung kommen.
  5. Seien Sie sensibel: Denken Sie daran, dass Gendern mehr als nur eine sprachliche Praxis ist. Es geht auch um Wertschätzung, Respekt und die Anerkennung von Vielfalt. Seien Sie sensibel und achtsam in Ihrer Wortwahl.

Eine schnelle Hilfe für den Alltag bietet übrigens das Genderlexikon „Geschickt Gendern“, das für viele Wörter die passenden neutralen Formulierungen bereitstellt.

Geschickt Gendern – Online-Genderwörterbuch für den Alltag

Wenn Sie doch Hilfe brauchen – Gendern mit Profis

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie das Gendern sinnvoll in Ihren Texten umsetzen können, helfe ich Ihnen gern weiter. Ich berate Sie vor dem Lektorat ausführlich, wie Sie für Ihre Zielgruppe richtig gendern können. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die sowohl Ihre Bedürfnisse als auch die Anforderungen der inklusiven Sprache berücksichtigt.

Nehmen Sie Kontakt mit mir auf und lassen Sie uns gemeinsam an einer inklusiven und vielfältigen Sprache arbeiten. Gendern ist kein Trend, sondern eine wichtige Entwicklung, die in vielen Texten bereits angekommen ist. Machen Sie Ihre Texte für alle Menschen zugänglich und ansprechend.

Lassen Sie uns gemeinsam eine Sprache für Ihr Unternehmen schaffen, die alle Menschen einschließt und respektiert!

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Aus dem Lektorat Menschen und Bücher

Wie veranstalte ich eine Lesung?

Eine Lesung ist eine großartige Gelegenheit, dein Werk einem Publikum vorzustellen. Mit guter Planung gehst du entspannt an diese Veranstaltung heran. Gerade für Menschen, die noch nie vor Publikum gesprochen haben, ist gute Vorbereitung hilfreich.

So bereitest du deine Lesung vor

Wähle einen Veranstaltungsort aus, der gut zu deinem Werk und der Atmosphäre passt, die du schaffen möchtest. Du solltest auch sicherstellen, dass der Ort leicht zugänglich und bequem für das Publikum ist.

Die meisten Veranstaltungsorte planen sehr langfristig. Wenn du deine Anfrage stellst, stelle sicher, dass du alle relevanten Informationen übersichtlich mitlieferst. Am besten eignet sich dazu ein sogenannter “Waschzettel”. Auf EINER Seite präsentierst du alle Informationen zu dir und deinem Buch: Inhaltsangabe, Kontaktdaten, Cover, Bestellwege. Halte auch eine Leseprobe bereit, auf die Veranstalter:innen zugreifen können.

Wenn der Ort und Termin feststehen, wird es Zeit für Marketing. Mach Werbung für deine Lesung, indem du sie auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter bewirbst und eine Einladung an deine Leserinnen und Leser sendest. Du solltest auch Flyer drucken und sie an öffentlichen Orten wie Bibliotheken oder Buchhandlungen aushängen.

Bereite dich gut vor: Wähle deine Textpassagen sorgfältig aus und übe sie. Hol dir Feedback von Freund:innen und Verwandten, ob du ausreichend laut und lebendig liest. Wenn du ein Sachbuch geschrieben hast, überlege dir, was du darüber erzählen möchtest und bereite deinen Vortrag gut vor.

Achte auf die Zeit. Eine Lesung sollte nicht zu lang sein. Aus meiner Erfahrung heraus hat sich das Format von einer Stunde gut bewährt. Lass Fragen aus dem Publikum zu und überlege dir schon im Vorfeld, welche Fragen wahrscheinlich gestellt werden.

Was, wenn niemand zu meiner Lesung kommt?

Lesungen sind immer eine innere Zerreißprobe. Die meisten Autor:innen kennen das Gefühl der Unsicherheit. Oft haben sie Freunde oder Familienmitglieder, die zu unseren Lesungen und Veranstaltungen kommen. Aber fast allen passiert es früher oder später: Niemand, wirklich absolut niemand kommt zur Lesung. Wer würde da nicht enttäuscht sein?

Die Wahrheit ist: Das kann wirklich allen mal passieren.

Auf Twitter teilte vor einiger Zeit eine Autorin einen Tweet darüber, dass nur 2 Menschen zu ihrer Lesung auftauchten. Viele Kolleg:innen antworteten darauf mit Stories und Bildern, wie es ihnen ergangen war.

Unter anderem auch Neil Gaiman, der über eine Lesung schrieb: „Terry Pratchett and I did a signing in Manhattan for Good Omens that nobody came to at all. So you are two up on us.“ (LINK) Margaret Atwood erging es ähnlich, nur dass ein verirrter Besucher sie für eine Verkäuferin hielt und nach einem Produkt fragte.

Auch wenn es schwerfällt: Wenn niemand zur Lesung kommt, sei nicht entmutigt. Es gibt viele Gründe, warum jemand nicht kommen kann, von der Baustelle auf dem Weg bis zum übervollen Terminkalender oder Regenwetter. Beim nächsten Mal kann es schon ganz anders aussehen.

Bild: Roel Dierckens auf Unsplash  

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Tipps für die Überarbeitung Veröffentlichung und Marketing

Eine Firmengeschichte schreiben: Tipps zur Vorbereitung

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Ihre Firmengeschichte zu schreiben? Im wörtlichen Sinne?

Firmengeschichten werden immer beliebter und geben Kundinnen, Kunden und Partnern einen fantastischen Blick hinter die Kulissen. Sie bieten außerdem eine Möglichkeit, Ihr Unternehmen ins richtige Licht zu rücken – sie sind das perfekte Marketing-Tool.

Welche Form passt zu Ihrer Firmengeschichte?

Grundsätzlich können Sie die Geschichte Ihres Unternehmens in zwei Formen gestalten: als „Über uns“-Text auf Ihrer professionellen Website oder als Printprodukt zu Jubiläen oder besonderen Meilensteinen. Wie Sie Ihre Firmengeschichte am besten verpacken, hängt davon ab, für welche Form Sie sich entscheiden. Ein Website-Text muss kurz und knackig ausfallen. In einer gedruckten Chronik dagegen dürfen Sie ausführlich über die Ereignisse ihrer Firmengeschichte berichten.

Über uns – die Unternehmenschronik als Vorstellungstext auf der Website

Ein Unternehmen lebt von den Menschen, die dort arbeiten. Deshalb ist der Vorstellungstext auf Ihrer Website ein guter Ort, um auch auf die Geschichte Ihrer Firma zu sprechen zu kommen. Am besten funktionieren solche Texte, die emotional fesseln und eine persönliche Komponente mitbringen: Erzählen Sie von den Gründerinnen und Gründern und deren Visionen für das Unternehmen und über die Herausforderungen, die sie auf dem Weg überwunden haben. 

Dabei ist es wichtig, dass Sie sich wirklich auf wenige Details konzentrieren, die relevant sind. Meilensteine, Wendungen und Krisen eignen sich am besten. Werfen Sie nicht mit Zahlen um sich, setzen Sie diese nur sparsam ein – für wirklich relevante Ereignisse. Eine Aneinanderreihung reiner Fakten langweilt Ihre Leserinnen und Leser, zu viele Zahlen führen schnell zu Verwirrung.

Grundsätzlich kann es sich lohnen, für dieses Textformat eine Agentur oder einen Textprofi zu beauftragen. So erhalten Sie einen SEO-optimierten Text, der sich perfekt in Ihre Website einfügt.

Ihre Firmengeschichte im Langformat

Mit einer gedruckten Firmenchronik haben Sie etwas Besonderes in der Hand, dass Sie geschätzten Partnern und Ihren Kundinnen und Kunden präsentieren können. Es lohnt sich also, auch einmal über eine Firmengeschichte in Langform nachzudenken – das kann eine Broschüre sein, aber auch ein ganzes Buch, z. B. zu einem Jubiläum. Im Gegensatz zum „Über uns“-Text auf Ihrer Website sollten Sie zur Planung und Herstellung dieser Firmengeschichte viel Zeit einplanen – vom Textentwurf über Bildauswahl und Produktion bis zum Druck können mehrere Monate vergehen. 

Die Zusammenarbeit mit Text- und Designprofis ist bei gedruckten Firmengeschichten empfehlenswert. Einen so langen Text zu schreiben fällt nicht allen Menschen leicht. Der externe Blick oder sogar eine Schreibbegleitung von Beginn an können helfen, Texte lebendig und interessant zu machen.

Auch bei der Bildauswahl und beim Design ist der Blick von außen sehr wertvoll. Zusammen mit Designerin oder Designer entwickeln Sie Format und Aufmachungen – Text und Präsentation greifen ineinander und bilden ein rundes Ganzes. 

Für eine gelungene Zusammenarbeit können Sie schon im Vorfeld aktiv werden. 

Recherchieren Sie, bevor Sie schreiben

Gibt es noch Gründerinnen und Gründer des Unternehmens, die als Zeitzeugen befragt werden können? Was geben die Archive des Unternehmens her? Wie ist das Unternehmen in die lokalen Gegebenheiten eingebunden und wo taucht es in der Presse auf?

Tragen Sie zusammen, was Sie finden können und was Ihnen dabei helfen kann, sich ein vollständiges Bild von der eigenen Unternehmensgeschichte zu machen. Sie werden erstaunt sein, wie viel Sie bereits finden. 

Ordnen Sie die Ereignisse ihrer Firmengeschichte

Damit kein wichtiges Ereignis verloren geht, sortieren Sie im nächsten Schritt die gesammelten Daten und picken die wichtigsten Ereignisse heraus, die auch Ihre Leserinnen und Leser interessieren werden. Dabei geht es nicht nur um die positiven Höhepunkte, sondern auch um Herausforderungen oder Probleme, die Ihrem Unternehmen begegnet sind. Gerade solche Krisen und Wendezeiten bringen Spannung in Ihre Geschichte und machen Sie als Unternehmen sympathisch. Abeer Achtung: Denken Sie hierbei immer aus Sicht Ihrer Leserinnen und Leser!

Wählen Sie das richtige Bildmaterial

Wenn Sie Ihre Unternehmenschronik später als Buch herausbringen möchten, sollten Sie schon frühzeitig bedenken, dass auch Bilder notwendig sind. Dabei gibt es wichtige Punkte, die Sie bedenken: Die Bilder müssen zum Erzählten passen und sie müssen die richtige Qualität haben. Besprechen Sie am besten schon frühzeitig mit Ihrem Designer oder Ihrer Designerin, welche Anforderungen erfüllt sein sollten.

Sprechen Sie die Sprache Ihrer Kundinnen und Kunden

Klar, so einen Text zu schreiben, fällt uns allen nicht leicht. Es gibt ein paar Tricks, die Ihnen dabei helfen, locker und lebendig zu erzählen. Statt in die sperrige Schriftsprache zu verfallen, versuchen Sie Folgendes: Nehmen Sie sich auf, wie Sie einem imaginären Gesprächspartner von Ihrem Unternehmen erzählen. Später können Sie diese Aufnahme nutzen, um daraus Ihren Text zu stricken.

Geschichten und Anekdoten machen Sie menschlich

Nur trockene Fakten machen uns Leserinnen und Leser auf Dauer nicht glücklich, oder nur die wenigsten. Was uns alle aber immer interessiert, sind die kleinen Geschichten und Anekdoten, die man auf der Party erzählt: skurrile Ereignisse, Überraschungen, kleine Tragödien – das macht eine gute Anekdote aus.

Schreiben Sie Ihre Firmengeschichte mit uns

Schreibcoaching und Lektorat

Ich begleite Sie beim Schreiben Ihrer Firmenchronik vom ersten Gliederungsentwurf bis zum fertigen Text. Gern übernehme ich auch das Projektmanagement und vermittle Dienstleister für Korrektorat und Druck.

Anke Sundermeier

Design und Satz, Druckvorbereitung

Grafikdesignerin Anke Sundermeier übernimmt alle Designschritte, berät Sie bei der Bildauswahl, erstellt das Druckformat und kommuniziert für Sie mit der Druckerei Ihrer Wahl.

Schreiben Sie uns eine E-Mail an info@lektorat-bergmann.de oder rufen Sie an unter 0177 6870047. 

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Menschen und Bücher

„Meine Wunschliste ist riesig und immer im Wandel.“ | Kimonobooks im Interview

Was wären wir ohne Buchblogger*innen? Wesentlich uninformierter, wenn es um Neuheiten auf dem Buchmarkt oder Empfehlungen geht. Gerade auf Instagram gibt es eine lebendige Community mit #bookstagram. Tina von kimonobooks ist eine dieser sehr aktiven Buchbloggerin. Regelmäßig veröffentlicht sie Rezensionen und empfiehlt neben Romanen auch wertvolle Sachbücher.

Von der privaten Website über einen Nagellackblog hin zur Buchbloggerin - was reizt dich an deinen Themen so, dass du seit 2012 schon dabei geblieben bist?

Das ist eine sehr gute Frage! Genau wie damals beim Nagellack bis hin jetzt zu meinen Büchern hatte ich in meinem direkten Umfeld eigentlich nie jemanden, der*die genauso begeistert ist wie ich – ich habe grundsätzlich also nach Austausch gesucht. Den gibt es mittlerweile ja glücklicherweise via Instagram. Einige Freund*innen habe die ich durch die Plattform gewonnen. Dranbleiben hat sich also gelohnt!

Tina von Kimonobooks
Unter dem Namen Kimonobooks stellt die Bloggerin Tina auf Instagram Bücher vor

Eines deiner Themen sind die Literaturen Ostasiens - gerade Japan und Korea kommen bei dir immer wieder vor. Wie bist du dazu gekommen?

Ich bin in meinen Teenager-Jahren durch eine typische Anime- und Manga-Phase gegangen, nach der das große Thema „Asien“ erstmal untergetaucht, aber nie verschwunden ist. Gelegentlich habe ich Filme aus der Region geschaut, bis dann irgendwann mehr und mehr Bücher japanischer, chinesischer und koreanischer Autor*innen dazugekommen sind und ich immer mehr in die Filmszene Ostasiens abgetaucht bin. Und damit kam dann auch der Wunsch, (zunächst) nach Japan zu reisen und damit das nicht allzu peinlich wird, am besten auch gleich die Sprache zu lernen.

Gibt es einen Roman aus Japan oder Korea, der sofort ins Deutsche übersetzt werden sollte?

Ganz soweit, dass ich Bücher in der Originalsprache lesen könnte, bin ich leider noch nicht, aber ich habe einen Geheimtipp, der letztes Jahr ins Englische übersetzt wurde: „People from my Neighbourhood“ von Hiromi Kawakami. Während ihre anderen Bücher meist Liebesgeschichten erzählen, sind das hier Mikro-Kurzgeschichten von oftmals nur zwei Seiten Umfang – und das so unglaublich kreativ und fantasievoll, dass ich es wirklich allen ans Herz legen kann. Offen für Verrücktes sollte man aber schon sein!

Auf Instagram gibt es ein paar tolle Buchclubs, in denen gemeinsam gelesen wird. Wir treffen uns ja immer mal wieder in der Diskussionsgruppe des Komorebi-Buchclubs, bei dem es um japanische Literatur geht. Hast du Tipps für andere Lesegruppen oder für Menschen, die gern einen Readalong veranstalten wollen?

Die einzige weitere Leserunde, an der ich einigermaßen regelmäßig teilnehme, ist der Femibuchcub von @bearnerdette, wo wir alle zwei Monate Sachbücher oder Essay-Bände rund um das Thema Feminismus (und alles, was noch dazu gehört) lesen. Ich muss gestehen, dass ich bei Leserunden nur voll dabei bin, wenn ich das Buch entweder ohnehin auf dem SUB habe oder es ganz dringend lesen möchte. 

Wie wichtig ist es dir, dir Leseziele für ein Jahr zu setzen und wie trackst du sie? Oder ist das nicht auch ein Teil unserer Konsumkultur, in der wir uns alle optimieren wollen und zeigen, was wir erreichen?

Ich persönlich setze mir sehr gerne Leseziele (Goodreads Reading Challenge) – aber nicht, weil ich fix soundsoviele Bücher pro Jahr lesen möchte, sondern einfach um übers Jahr zu schauen, was und wie viel ich lese und ob sich unterjährig etwas in meinem Leseverhalten verändert. Ich kann aber auch die Menschen verstehen, die sagen, dass sie ihr gelesenen Bücher überhaupt nicht tracken, weil es um die Erfahrung des Lesens an sich gehen sollte und nicht um eine bestimmte Zahl. Da stimme ich auch voll zu – auch, wenn ich das tracke, sage ich nicht: „Diesen Monat waren es nur x! Das ist aber wenig!“ Und bin auch nicht enttäuscht (oder zufrieden), wenn ich mein Leseziel erreiche bzw. eben nicht.

Aber ja, ich würde schon sagen, dass auch das Tracken von gelesenen Büchern irgendwie zu unserer Optimierungskultur zählt. Wie viele Artikel ich schon zum Thema „So viele Bücher lesen erfolgreiche Menschen“ gelesen habe! Das ist immer auch ein wenig schade, denn diese Fixierung auf die Anzahl ist ja gar nicht wichtig – Qualität und die Freude an der Lektüre zählen da doch so viel mehr. Und auch die Konsumkultur spielt da mit rein, denn wir werden allein auf Instagram täglich mit so vielen Büchern und Lesetipps bombardiert, auf ganz vielen Profilen wird zeitgleich der nächste Bestseller besprochen – da entsteht dann schon ein wenig FOMO und der Druck, sich das Buch ganz schnell besorgen zu müssen, um mitreden zu können …

Du bist mit dem Vorsatz, weniger kaufen zu wollen, ins Jahr 2022 gestartet. Wie läuft es da bisher und was hat dich zu deinem Vorhaben gebracht?

Tatsächlich ist der gute Konsum regelmäßig Gesprächsthema von mir und der lieben Silke (@bearnerdette) und durch diesen Fokus bin ich dann mehr oder wenig zufällig auf Nunu Kallers neues Buch „Kauf mich!“ gestoßen, in dem sie die Tricks  der Textilindustrie bis zum Supermarkt um die Ecke unter die Lupe nimmt – und wie Konsumenten dann damit umgehen. Im Januar habe ich dann noch ihr früheres Buch „Ich kauf nix!“ gelesen und das hat dann endgültig meinen Beschluss besiegelt, dieses Jahr weniger, bewusster und auch nachhaltiger einzukaufen. Und bisher läuft es auch ganz gut, was ich ehrlich gesagt nicht gedacht hätte! Noch im Dezember gehörten Impulskäufe für mich einfach dazu. Dadurch, dass ich jetzt sämtliche Newsletter von Shops abbestellt habe (so simpel es klingt) und aktuell auch weniger Zeit auf Instagram verbringe, bin ich weniger Werbung ausgesetzt – und was ich nicht sehe, das kann ich auch nicht haben wollen! Für alles, was ich aber trotz Vorsichtsmaßnahmen sehe und ich „sofort haben muss“, habe ich jetzt eine Liste, wo ich diese Wünsche einfach aufschreibe. Ein paar Tage liegen lassen, noch mal drauf schauen und voilá: In den meisten Fällen war es dann doch nicht so überlebenswichtig und ich kann es wieder streichen. Alles, was darauf stehen bleibt, kann ich irgendwann an die Weihnachtswichtel weitergeben. 🙂

Allerdings bezieht sich dein Vorsatz auch auf Bücher - was ist ein notwendiges Buch und was nicht? Oder sind Bücher eine große Ausnahme? (Bei mir ist es so, dass Bücherkauf immer zulässig ist. Mein SuB ist aber auch nicht sehr groß.)

Da mein SUB bei knapp 240 Büchern liegt, muss ich da wirklich auf die Handbremse treten, weshalb mein Konsum-Vorsatz auch für Bücher greift. Idealerweise wird nichts neu gekauft, sondern bei Tauschticket ertauscht oder maximal bei Medimops gebraucht gekauft. Rezensionsxemplare sind natürlich auch irgendwie ausgeschlossen. Also bin ich nicht komplett außen vor, was neue Bücher betrifft – ich bin nur öfter gezwungen, mich mit meinem SUB zu beschäftigen. Eine klitzekleine Ausnahme würde ich für mich aber bei Sachbüchern sehen, hier gibt es ja einen Bildungsauftrag – so konnte ich mir gegenüber im Januar bspw. drei gebraucht über Medimops erstandene Bücher rechtfertigen.

Wie groß ist deine derzeitige Buch-Wunschliste und welche 2 Bücher stehen ganz oben?

Meine Wunschliste für Bücher ist riesig und auch stets im Wandel – aktuell stehen aber eher welche ganz oben, die noch gar nicht erschienen sind: Auf „Rot (Hunger)“ von Senthuran Varatharajah und „Die Welt vor den Fenstern“ von Tatjana von der Beek freue ich mich gerade aber am allermeisten.

Mit mehr als 1.000 Followern und guten Zugriffszahlen auf deinem Blog bist du bereits eine etablierte Bloggerin. Kommen die Verlage inzwischen auf dich zu? Und welchen Druck macht Social Media gerade Buchblogger*innen?

Gelegentlich gibt es tatsächlich die ein oder andere Anfrage von Verlagen, aber das hält sich alles in Grenzen. Was aktuell auch ganz gut ist. Denn auch wenn natürlich nicht jede Anfrage was für mich ist – gerade würden mir einfach die Zeit und Muße dazu fehlen, groß bei Kooperationen oder Ähnlichem mitzumachen. Aber der Druck ist schon da, das auf jeden Fall. Und wenn dann eine Mail reinflattert für die nächste große Neuerscheinung, dann juckt es natürlich schon in den Fingern, diese pünktlich zum Erscheinungstermin zu besprechen.

Das Thema Rezensionsexemplare generell ist ja unglaublich mit Druck beladen – Druck, das Buch schnell auszulesen, um es dann auch möglichst zeitnah zu besprechen, um noch relevant zu sein. Ich kenne auch Schuldgefühle, wenn man ein Buch Monate vor dem Erscheinungstermin angefragt hat und dann bis Erscheinen dann die Leselust nicht aufkommen will. Oder wenn ein Rezensionsexemplar mir überhaupt nicht gefällt und ich es am liebsten abbrechen möchte, aber mir selbst den Druck mache, es auch „richtig“ zu besprechen … Du siehst, hier könnte ich endlos weitermachen. Druck ist ein nicht gerade kleines Thema für mich als Bloggerin. 

Druck macht sicher auch die Gestaltung des Feeds. Dein Feed macht einen sehr kuratierten EIndruck, Farben, Motive und Zusammenstellung sind aus einem Guss. Dahinter steckt sicher eine ganze Menge Arbeit. Neben den Büchern und deiner Katze Gobi gibt es auch ein paar Bilder von dir. Der Algorithmus bevorzugt Gesichter. Erzeugt auch das einen Druck, sich selbst möglichst „optimiert“ zu präsentieren?

Der Feed-Gestaltung widme ich ehrlich gesagt gar nicht so super viel Aufmerksamkeit – ich habe in der Vergangenheit schon mal versucht, ein bestimmtes Muster reinzubekommen oder auch einen super einheitlichen Stil, aber das hab ich nie lange durchgehalten. Viel zu oft hat man eben gerade kein Katzenbild parat oder erinnert sich siedend heiß an den einen Post, der schon seit Monaten geposted werden will – dann aber natürlich nicht in den einheitlichen Feed passt. Daher habe ich diesbezüglich kapituliert – freue mich aber trotzdem, dass du einen roten Faden erkennen kannst!

Bezüglich den Selfies: Da kann ich den Algorithmus gut verstehen (ausnahmsweise mal), denn ich sehe auch gerne, wer hinter einem Account steckt und dass nicht „nur“ Bücher gezeigt werden. Da muss ich mich aber selbst an die Nase fassen, denn ich verstecke mich da gerne und bin bestimmt nicht das beste Beispiel. Aber wenn es dann mal ein Foto mit mir selbst darauf wird, dann natürlich nicht unbedingt eines, das ich lieber aussortieren möchte. Da ich aber „Beautifying“-Filtern und generell auch Schönheitsidealen kritisch gegenüberstehe, zeige ich mich so, wie ich eben bin, und bearbeite da auch nichts nach – wir werden alle ohnehin schon viel zu stark mit totoptimierten Bildern bombardiert, da mag ich mich nicht einreihen. Trotzdem gilt es immer im Hinterkopf zu behalten: Unsere Feeds sind nur unsere „Highlight Reels“ (weiß leider nicht mehr, woher ich den Begriff habe): Auch, wenn nicht nachbearbeitet wird, nehmen wir doch meist das vorteilhafteste Bild. 

Empfohlene Bücher

Immer öfter höre ich, dass Buchblogger*innen mit Instagram nicht mehr glücklich sind. Oft sehen wir die gleichen Bücher bei vielen Accounts und auch auf externe Websites klickt angeblich niemand mehr. Teilst du dieses Gefühl?

Auf jeden Fall! Die Übersättigung kenne ich auch – wie erst ganz kürzlich beim neuen Buch von Hanya Yanagihara. Für die Verlage ist es natürlich schön, wenn ein Kanal von einem ihrer Bücher zum Release geflutet wird – wenn man auf der anderen Seite steht, mag man an diesen Tagen eher weniger in den eigenen Feed schauen. Wenn so etwas absehbar ist, versuche ich, mit ein wenig Verzögerung zu posten. Auch das Gefühl, dass niemand mehr auf externe Seiten klickt, teile ich! Zwar wird es uns mit dem Link-Sticker leichter gemacht, jedoch merke ich selbst, dass ich kaum noch Blogs besuche, und merke das andersherum an meinen Zugriffszahlen auf meinem eigenen Blog. Der Fokus scheint sich hier deutlich auf snackable content verlegt zu haben.

Steht der snackable content nicht aber eigentlich unserer intensiven Auseinandersetzung mit Büchern im Weg?

Ja, auf jeden Fall! Wenn ich nur kleine Häppchen an Rezensionen und Kommentaren zu Büchern konsumiere, leidet darunter die tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Gelesenen und auch die Diskussion mit anderen Menschen. Das ist ein wenig schade, aber in unserer schnelllebigen Zeit wohl nicht anders zu erwarten. Achtsamer mit Medien umzugehen und sich auch gerne Zeit nehmen, ausführlichere Besprechungen zu Büchern zu lesen, die mein Leseerlebnis auch erweitern können, steht auch ganz oben auf meiner Agenda.

Auf welche Bücher freust du dich noch in diesem Jahr?

Meine Liste ist wie jedes Jahr nach Sichtung der neuen Verlagsvorschauen lang, auf einige Schätzchen freue ich mich aber ganz besonders, etwa das neue Buch von Amélie Nothomb, „Automaton“ von Berit Glanz und auch diversen Autor*innen aus dem asiatischen Raum – diese Vorschauliste hatte ich vor einer Weile auch auf meinem Profil geteilt.

Hier findet ihr Tina Wagner von Kimonobooks:

Kimonobooks – Blog

@kimonobooks auf Intagram