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Von “weisen Frauen” und kundigen Nonnen – Heilkunde und Medizin 

Dieser Artikel erschien erstmal im Dezember 2022 im Sonderheft von DIE MARK BRANDENBURG „Hexen in Brandenburg“ in Kooperation mit Kathrin Schwarz (Historikerin).

Heilige und Hexen – was zunächst nach einem Paar voller Gegensätzlichkeit klingt, ist in Wahrheit eng miteinander verwoben. Die Äbtissinnen und Mystikerinnen des Mittelalters und der Frühen Neuzeit unterscheiden sich wenig von den „weisen Frauen“, den Heilkundigen unter der einfachen Bevölkerung. Während die Mystikerinnen der Kirche mit „Wundern“ und Klostermedizin eine Art weiße Magie im Namen Gottes ausüben, unterstellt man den „weisen Frauen“ schwarze Magie und den Bund mit dem Teufel. Wie nah sich Hexe und Heilige sind, zeigt sich besonders deutlich in einem Lebensbereich: der Versorgung von Kranken und Schwangeren.

Viele Klöster unterhielten Spitäler zur Versorgung der Kranken und Armen. Klostermedizin bezeichnet die Heilkunde der Mönche und Nonnen vom 6. bis etwa 13. Jahrhundert. Hinter den Klostermauern wurde das Wissen über Heilpflanzen und die Vier-Säfte-Lehre nach Hippokrates und Galenos weitergegeben. In den Gärten, angelegt nach dem St. Galler Klosterplan, wuchsen ausgesuchte Heilpflanzen. Heidnische Zaubersprüche wurden zunehmend von christlichen Segen und Gebeten abgelöst. Die Äbtissin und Mystikerin Hildegard von Bingen gilt als eine der bekanntesten Mystikerinnen und brachte Wissen aus beiden Traditionen – Klostermedizin und Volksmedizin – etwa in ihrem Buch Physica zusammen. Auch das Konzept der „Grünkraft“ (lat. viriditas), also der Kraft, die allem Lebendigen zugrunde liegt, geht auf Hildegard zurück. Hildegards Werke verbreiteten sich schnell. Man kann davon ausgehen, dass auch die Zisterzienserinnen im Kloster Zehdenick über ein beachtliches medizinisches Wissen verfügt haben dürften. 

Der Legende nach war das Kloster an dieser Stelle im Jahr 1249 nach einem “Wunder” gegründet worden: Die Besitzerin einer Bierschänke soll eine geweihte Hostie unter einem Bierfass im Keller vergraben haben, um das Bier frisch zu halten. Doch sie bekam ein so schlechtes Gewissen, dass sie den Vorfall beichtete. Als die Hostie wieder ausgegraben wurde, soll Blut ausgetreten sein und die Erde rot gefärbt haben. Das Blutwunder sprach sich herum und der Ort wurde zu einer Pilgerstätte.  Die Markgrafen Johannes und Otto von Brandenburg und ihre Schwester Mechtild, Herzogin von Braunschweig, stifteten daraufhin das Kloster. Bis 1541 lebten hier Nonnen, die sich auch um die Kranken im Einzugsbereich des Klosters kümmerten. 

Der Klostermedizin gegenüber stand die sogenannte Volksmedizin. Besonders auf dem Land, wo anerkannte Ärztinnen und Ärzte nicht verfügbar waren, übernahmen „weise Frauen“ die medizinische Versorgung der Bevölkerung. Seit jeher lag die Verantwortung für die Gesundheit der Familie bei den Frauen. Vom 13. bis weit ins 16. Jahrhundert waren Frauen aus den oberen Gesellschaftsschichten sogar Mitglieder der Zünfte der Schnitt- und Wundärzte oder Bader. Ihre Expertise war hoch anerkannt und geschätzt. Sie hatten umfangreiches Wissen über die Verwendung von Kräutern, bereiteten Tinkturen, Salben und Umschläge und halfen Frauen durch die gefährlichsten Phasen ihres Lebens: Schwangerschaft und Geburt. Nicht selten kamen dabei auch vorchristliche Schutzzauber und Gesten zum Einsatz – ein Äquivalent zu den Segen und Kreuzzeichen der christlichen Kirche. Selbst Angehörige der Kirchen suchten regelmäßig bei diesen “PraktikerInnen” Rat, wenn das Gebet nicht half. 

Das Wissen um die Wirkung von Kräutern und ihre Zubereitung und Anwendung wurde über Jahrhunderte mündlich weitergetragen. Viele der Pflanzen tragen auch heute noch sprechende Namen, z. B. Augentrost, auch bekannt als Wegleuchte, Zahnwehkraut, Lichtkraut und Augendank. Angeblich konnte das Kraut das Sehvermögen wiederherstellen, Entzündungen heilen und bei Kindern Spätfolgen verhindern, wenn man es ihnen bei einer Masernerkrankung auf die Augen legte. Anderen Pflanzen dagegen wurden magische Eigenschaften zugesprochen. Wermutkraut wurde angeblich für den Pakt mit dem Teufel genutzt, Greiskraut wachse dort, wo eine Hexe uriniert habe, und weiße Blüten brachten seit jeher Unglück. Die Mitglieder aus der Familie der Brassicaceae dagegen waren sicher, denn ihre Blüten bilden ein Kreuz – das Zeichen der Kirche.

 Mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg eröffneten sich ab 1495 neue Möglichkeiten. Statt mühsam von Hand abgeschrieben zu werden, konnten Manuskripte nun einfach mit Lettern gesetzt und viel schneller gedruckt und verbreitet werden. Jetzt wurde Wissen vermehrt aus dem Lateinischen übersetzt, es erscheinen Traktate, (medizinische) Rezeptsammlung und Lehrbücher. So halfen Werke wie das Frauenbüchlein (1495) oder das Hebammenlehrbuch Der schwangeren Frauen und Hebammen Rosengarten (1513) dabei, Wissen zu bewahren und weiterzugeben, auch wenn Bücher nach wie vor rare Schätze waren, deren Inhalte durch Vorlesen weitergegeben wurde.

Mit dem Ende des 15. Jahrhunderts setzte ein Wandel ein. Religiöse Vertreter sahen den Sieg des Christentums über den Teufel gefährdet und interpretierten die Segnungen und Heilkünste der “Praktikerinnen” und Hebammen in einem neuen Licht. In einer Zeit, die generell von großer Unsicherheit geprägt war, gerieten die „weisen Frauen“ zunehmend in Verruf. Ein Blick in die Akten der deutschen Hexenprozesse zeigt, dass viele der verurteilten Frauen und Männer einfache Naturheilkundige waren. Vor allem analphabetische Landfrauen waren überdurchschnittlich oft Opfer von Verfolgung und Folter. Wie kurz der Weg auf den Scheiterhaufen war, zeigt das Schicksal der Semliner Bäuerin Anna Rahns im Jahr 1672. Sie wurde angeklagt, drei Wochen vor Ostern sogenannte „Hexenbutter“ hergestellt zu haben. Beschwert hatten sich die Käufer Andreas Dielaß und Hans Schönemann aus dem benachbarten Ferchesar. Die gekaufte Butter sei voller Haare, Wolle und Dreck gewesen, gaben sie an. Am 4. Juni 1672 wurde sie an den Brandenburger Schöppenstuhl überstellt. Ihr Schicksal war damit besiegelt – sie würde die letzte Person sein, die man in Rathenow als Hexe verbrannte. Heute erinnert auf dem Semliner Dorfplatz ein Denkmal des Künstlers Volker Roth an sie.


Lesetipps

Anderson, Bonny/Zinsser, Judith (1995): Eine eigene Geschichte. Die Geschichte der Frauen in Europa. Frühgeschichte bis 18. Jahrhundert. Frankfurt a. Main: Fischer.

Dinzelbacher, Peter (2001): Hexen oder Heilige? Schicksale auffälliger Frauen. Düsseldorf: Patmos.

Kruse, Britta-Juliane (1999): “Die Arznei ist des Goldes wert”. Berlin: De Gruyter.

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Aus dem Lektorat

Typografie 101: Der Gedankenstrich

Eine Strichlänge kann den Unterschied machen! Damit Sie in Zukunft genau wissen, wann Sie einen Gedankenstrich setzen sollten und ob auch Leerzeichen ins Spiel kommen, habe ich Ihnen in diesem Artikel die wichtigsten Anwendungsfälle zusammengestellt.

Der Bindestrich hält zusammen, was zusammen gehört

Wenn Sie auf Ihrer Tastatur die Taste neben dem Punkt drücken, erzeugen Sie einen Bindestrich. Den Bindestrich verwenden wir für zusammengesetzte Wörter (Komposita) und Anschnitte.

Social-Media-Beiträge, Nobel-Preis

An- und Verkauf, über- und untergeordnet

Der Bindestrich ist kürzer als der Gedankenstrich und wird in den zusammengesetzten Wörtern und Anschnitten ohne Leerzeichen verwendet.

Übrigens: Auch, wenn es manchmal ungewohnt aussieht, werden Wortkombinationen aus deutschen und englischen Begriffen im Deutschen grunsätzlich durchgekoppelt.

Der Gedankenstrich betont einen Satzteil

Der Gedankenstrich (eigentlich Halbgeviertstrich) dagegen ist etwas
komplizierter. Mit Leerzeichen nutzen wir ihn für Einschübe oder Nachstellungen in Sätzen.

Die Autorin – eine Expertin auf dem Gebiet der Energiewende – präsentierte ihre neueste Forschung.

Ich freue mich schon auf das Meeting nächste Woche – sofern meine Termine es zulassen.

Sie sehen, die Länge des Gedankenstrichs unterscheidet sich vom Bindestrich. Der Gedankenstrich unterbricht hier unseren Lesefluss und erzeugt eine Pause – und damit eine Betonung eines Satzteils.

Nutzen Sie ihn sparsam in Ihren Texten. Er kann eine starke Wirkung erzeugen.

Der Bis-Strich für alle Streckenfälle

Der Bis-Strich ist eine besondere Form des Gedankenstrichs, auch bekannt als  Halbgeviertstrich. Er wird im Deutschen auch für Bereichsangaben oder Verbindungen verwendet. Das übrigens legt die DIN5008 fest.

1990–1998

12.–15. November, 09:00–18:00 Uhr

Berlin–Frankfurt–München

S. 50–75

2,0–3,5 GHz

Bei all diesen Verwendungen setzen sie KEINE Leerzeichen. Das Argument „Aber mir gefällt das besser …“ zählt nicht – zumindest dann nicht, wenn Sie auch Textprofis von Ihren Texten überzeugen möchten.

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Literatur Menschen und Bücher

„Gemeinsam sind wir stark, das ist die Idee.“ Verleger Jens Korch im Interview

 

Wie bist du auf die Idee gekommen, ein Netzwerk für Indieverlage aufzubauen? Welche Herausforderungen sind dir dabei begegnet?

Im März 2020 wurde die Leipziger Buchmesse in der Corona-Pandemie abgesagt – wenige Tage vor Beginn. Viele Verlage hatten sich monatelang auf dieses wichtige Ereignis vorbereitet. Und standen plötzlich vor dem Nichts.

Über eine sehr aktive Facebook-Gruppe für unabhängige Verlegerinnen und Verleger habe ich einen Aufruf gestartet: Lasst uns gemeinsam ein kleines Buchmagazin machen, dort stellen wir alle Titel vor, die wir in Leipzig präsentiert hätten! Und schicken das an alle Buchhandlungen, an Blogs, an die Presse, an Leserinnen und Leser … Ich hatte mit 10 Verlagen gerechnet – am Ende waren wir 50. Die erste Ausgabe „Schöne Bücher“-Magazins war geboren.

Mittlerweile sind wir bei der siebenten Ausgabe, jetzt mit 100 Verlagen. Gemeinsam sind wir stark, das ist die Idee dahinter. Das Netzwerk hat sich seitdem entwickelt, über die Verlage kommen viele Ideen, die wir mit so viel Manpower gemeinsam stemmen können. Herausforderungen gibt es viele, aber das lässt sich im Gespräch stets lösen. Das Leben als Verlegerin oder Verleger ist ja an sich aktuell schon mehr Herausforderung denn je. Da soll die Netzwerkarbeit Lösungen und Ideen bieten, wie sich etwas erleichtern lässt.

2021 gewann Laura Vinogradova für ihr Debüt den Europäischen Literaturpreis. Jetzt ist der Roman auf Deutsch erscheinen, in einer Übersetzung von Britta Ringer
Gerade gibt es viele Diskussionen um die Stellung von kleinen Verlagen in der deutschen Literaturlandschaft. Sinkende Sichtbarkeit, ein Buchhandel, der sich wenig mit den Programmen befasst, erdrückende Monopolisierung – und zuletzt auch Kritik an der Verteilung von Preisgeldern. Wie siehst du die Zukunft der Verlagslandschaft?

Tatsächlich ist es momentan keine leichte Zeit. Aus den vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen höre ich das täglich heraus. Neulich hörte ich den Satz: „Wir müssen uns dessen bewusst sein, dass ein Buch ‚nice to have‘ ist für die Leute, aber kein ‚must have‘.” Das klingt erstmal hart, aber ich denke, das stimmt. Wenn irgendwo gespart werden muss beim Konsum, dann fallen leider Bücher oft hintenrunter.

Und das merken die Verlage aktuell immer wieder. Das schnelle „Ich schau mal beim Buchladen rein und nehme mir mit, was mich da so anspringt.“ ist derzeit quasi nicht vorhanden. Stattdessen wird gezielt nach Titeln der „Bestsellerlisten“ gefragt. Was aber kaum jemand sieht: Dort sind oft die großen Konzerne zu finden, die Bücher mit ganz andere Möglichkeiten – personell, finanziell – bewerben können. Und die Indies? Gehen mit ihren Perlen im Sortiment leider oft unter, weil niemand davon weiß.

Ob es in einem Jahr weniger kleine Verlage als jetzt gibt? Oder gar in fünf, zehn? Ich weiß es nicht, befürchte aber: Ja. Das Sterben passiert nicht mit einem großen Knall und Abschiedsschmerz. Sondern die sind dann eben einfach nicht mehr da.

„Was im Feuilleton besprochen wird, wird gekauft“, heißt es oft. Welche Wege geht das Schöne-Bücher-Netzwerk, um die Bücher der Mitgliedsverlage an die Leserinnen und Leser zu bekommen?

Tatsächlich ist aus meiner Sicht und nach vielen, vielen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen da gar nichts mehr dran. „Wir hatten eine halbe Seite Buchbesprechung in der FAZ – und danach wurde nicht messbar mehr verkauft“: Sowas höre ich immer wieder. Zuletzt sogar nach großen Beiträgen in TV-Boulevardmagazinen, dabei galt das ja immer als Königsklasse der Buchbewerbung.

Mit dem Netzwerk versuchen wir uns breit aufzustellen. Es gibt unser gemeinsames Verlagsmagazin – ein Mix aus gemeinsamer Vorschau, Katalog, Magazin. Dazu gibt es jede Woche einen Newsletter für Buchfans und den Handel mit nette, bunten Geschichten aus den Verlagen oder über Autorinnen und Autoren. Wir teilen uns auch mal gemeinsam die Kosten für eine Anzeige in einem Fachmagazin – da kann jeder Verlag richtig was sparen, das hilft auch.

Zu den Buchmesse sind wir gemeinsam präsent. Erstmals im Herbst 2023 mit einem Schöne-Bücher-Stand auf der Frankfurter Buchmesse. In Leipzig hatten wir im Frühjahr 2023 eine gemeinsame Sticker-Sammel-Aktion, bei der mehr als 100.000 Aufkleber mit Buchvorstellungen verteilt worden. Das hat uns großes Feedback eingebracht und den Verlagen ganz neue Interessenten.

Gibt es eine besondere Erfolgsgeschichte aus dem Schöne-Bücher-Netzwerk, die dich besonders berührt hat und die du teilen möchtest?

Keine Einzelgeschichte, aber vielleicht kann ich so viel sagen: Ich freue mich total, wenn die Verlegerinnen und Verleger mit Ideen und eigenen Aktionen auf mich zukommen. Dann merke ich: Sie haben den Netzwerkgedanken verstanden und wissen, dass sie so mehr Aufmerksamkeit bekommen können, als wenn sie allein etwas tun. Gerade zum Beispiel gibt es Fotos von Verlegerinnen und Verlegern im Urlaub – natürlich immer in einer tollen Buchhandlung am Urlaubsort.

Klar ist die Arbeit immer zusätzlicher Aufwand und die eigene Verlagsarbeit bleibt immer oberste Priorität. Aber sind wir vielen kleinen Verlage, wenn wir es geschickt anstellen, nicht auch zusammen eine große Einheit? Na klar! Da ist noch viel Potenzial.

So schön sehen sie in der Wanne aus: Die wasserfesten Wannenbücher von Verleger Jens Korch
Indieverlage haben oft eine besondere Beziehung zu ihren Autor:innen und deine Edition Wannenbuch hat obendrauf noch einmal ein ganz besonderes Format. Wie pflegst du diese Beziehungen und wie kommen neue Autor:innen zu dir?

Ich merke, dass die Autorinnen und Autoren den direkten Kontakt zum Verlag schätzen – das ist bei großen Konzernverlagen gewiss in der Form nicht möglich wie bei uns. Ich kenne alle persönlich, wir treffen uns auf Messen wieder oder bei Lesungen – und da sind schon  richtig nette Freundschaften entstanden.

Auch neue Autorinnen und Autoren finde ich über Messen, meist kommt man dort am Stand ins Gespräch. Sie entdecken dann die Idee der wasserfesten Bücher der Edition Wannenbuch und fragen, ob sie sowas selbst nicht auch ausprobieren können. Das macht Spaß und ich könnte, gemessen an den eingesendeten Manuskripte, ein Vielfaches von dem veröffentlichen, was ich tatsächlich machen kann.

Wer sind deine Leser*innen?

Es sind vor allem – geschätzt 90 Prozent – Leserinnen. Leser tatsächlich weniger. Männer finden die Idee der Wannenbücher super, aber kaufen sie dann als Geschenk für eine Frau. Frauen selbst kaufen Wannenbücher für sich, als kleine Auszeit, als nette Idee für ein schönes Bad.

In deinem Imprint Paperento ist am 01. September 2023 eine erste Übersetzung aus dem Lettischen erschienen. Wie wichtig ist es deiner Meinung nach, Bücher aus verschiedenen kulturellen Hintergründen und Ländern für deutsche Leser:innen zugänglich zu machen?

Superwichtig! Für mich ist es ein Pilotprojekt, aber schon bei der Recherche ist mir aufgefallen, was es da an vielen tollen Büchern gibt, die es absolut wert sind, auch von deutschen Lesern entdeckt zu werden.

Übersetzungen sind für den Verlag mit deutlich höherem Aufwand verbunden – die Übersetzung kostet Geld, es muss mit Autorinnen und Autoren und Verlagen im Ausland über die Konditionen gesprochen werden. Lesungen mit den Autorinnen und Autoren aus einem fremden Land hierzulande zu organisieren – ganz wichtig für die Buchbewerbung – ist ungleich aufwendiger. Es lohnt sich für Verleger, zu schauen, ob es Möglichkeiten an Unterstützung gibt – etwa über Förderprogramm für Verlage und/oder Übersetzerinnen und Übersetzer.

Bei uns erscheint im Herbst „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“ von Laura Vinogradova, ein toller, ein wenig melancholischer, sprachgewaltiger Roman über eine Frau auf der Suche nach sich selbst. Das Buch (im Original: „Upe“) hat 2021 den Europäischen Literaturpreis gewonnen, und das gewiss nicht ohne Grund.

Können wir auch in Zukunft Übersetzungen aus anderen Sprachen bei dir finden? Vielleicht sogar beim Wannenbuch?

Warum nicht? Mal schauen, wie der erste Versuch so ankommt bei den Leserinnen und Lesern. Letztlich muss auch ein Buch gut kalkuliert sein, sonst ist der Verlag am Ende nur ein teures Hobby – und das bringt es ja auch nicht.

Welche drei Bücher empfiehlst du als Herbstlektüre in diesem Jahr?

Nicht drei, sondern zehn! Genau so viele Titel nämlich erscheinen im Herbst 2023 in der Schöne-Bücher-Bibliothek. Auch das ist ein Versuch des Netzwerkes, gemeinsam nach neuen Werken zu suchen. Wir haben ein Jahr lang daran gearbeitet, haben zum Auftakt dieser Edition der unabhängigen Verlage zehn Autorinnen und Autoren am Start.

Die Genres sind querbeet: vom preisgekrönten Roman über Spannung aus dem Mittelalter, Einblicke hinter die Kulissen der Bühne oder Reisegeschichten bis zum Drama auf dem Mars. Die Reihe ist kuratiert von den Verlagen, die ihre besten Titel in die Schale geworfen haben – und die wir mit einem gemeinsamen Design nun zusammen bewerben.

Alle Titel sind lesenswert, sonst hätten wir das nicht gemacht. Mehr dazu gibt es unter www.schoenebuecher.net/bibliothek

Buchpremiere

Ankündigung für die Buchpremiere des Romans "Wie ich lernte, den Fluss zu lieben" von Laura Vinogradova

23. September 2023, 19:00 Uhr

Haus am Dom, Domplatz 3, Frankfurt am Main.

Buchpremiere: „Wie ich lernte, den Fluss zu lieben“, ausgezeichnet mit dem Europäischen Literaturpreis 2021. Autorin Laura Vinogradova stellt ihr eben auf Deutsch erschienenes Buch im Gespräch mit Verleger Jens Korch (Paperento Verlag) vor.

Eine Veranstaltung der Plattform Latvian Literature, der Lettischen Gesellschaft in Frankfurt e.V. und des Honorarkonsulats.

Begrüßung: Rüdiger von Rosen, Honorarkonsul der Republik Lettland.
Moderation: Bettina Bergmann
Dauer: 90 Minuten
Sprache: Deutsch

Eintritt frei. Ein Büchertisch ist eingerichtet.

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Aus dem Lektorat

Wie Sie Freelancer mit Genderformen in den Wahnsinn treiben – und wie Sie es vermeiden

„Gendern brauchen wir nicht!“

Vor einigen Wochen bekam ich einen Auftrag für ein Lektorat von einem Designer. Für einen Verband hatte er einen Nachhaltigkeitsbericht erstellt. In den Texten tummelten sich verschiedene Formen: Doppelform, Doppelpunkt, Sternchen. Der Kunde wollte ausschließlich die maskuline Form nutzen und führte das auch darauf zurück, dass in seiner Branche nur wenige Frauen arbeiten würden, „die haben damit kein Problem“.

Wir empfahlen ihm, zumindest die Doppelform und neutrale Formen zu nutzen, um auch nicht männliche Personen in seiner Branche anzusprechen. Er lehnte noch einmal ab und ich bearbeitete das Dokument nach seinen Wünschen. Das gehört auch zu meinem Job: Ich selbst mag es nicht gut finden, aber wenn meine Kundschaft es so will, dann ist es so.

Am Montag darauf dann kam das Dokument wieder zurück: „Wir müssen dringend gendern! Es gab Kritik aus dem Verband! Aber das muss SOFORT sein, wir sind zu spät mit dem Druck!“

Resultat: Lektorin genervt, Designer maximal unter Druck, Druckerei verärgert. Und leider gar kein seltener Fall.

Warum Gendern?

Gendern gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es geht darum, Sprache inklusiver zu gestalten und auch nicht männliche Personen einzubeziehen. Viele wissenschaftliche und empirische Experimente haben gezeigt, dass inklusive Sprache zu veränderten Denkmustern bei den Sprechenden führen. Leider wird die öffentliche Debatte um das Gendern häufig emotional und ohne Grundlagenwissen geführt. Es scheint für viele Menschen ein Reizthema zu sein.

Trotzdem empfehle ich meiner Kundschaft bei jedem Auftrag, eine Entscheidung zu fällen, ob und wie in einem Text gegendert werden soll. Nicht selten bemerke ich dabei, welche Unsicherheiten noch herrschen. „Ich möchte nichts falsch machen“, ist ein Satz, der hier häufig fällt.

5 Tipps für den Einstieg ins richtige Gendern

Jeder Anfang ist schwer, aber richtig Gendern können alle, die es wollen. Hier bekommen Sie 5 Tipps, wie Sie am besten anfangen:

  1. Informieren Sie sich: Machen Sie sich mit den Grundlagen des Genderns vertraut. Verstehen Sie die verschiedenen Formen und Möglichkeiten, wie Sie sprachliche Geschlechtervielfalt in Ihren Texten berücksichtigen können.
  2. Nutzen Sie die Doppelform: Eine einfache Möglichkeit, beim Gendern anzufangen, ist die Verwendung der Doppelform (z. B. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter). Sie ermöglicht es, sowohl männliche als auch weibliche Personen anzusprechen, ohne gleich mit Sonderzeichen wie Stern oder Doppelpunkt zu arbeiten. Gerade bei konservativen Zielgruppen ist das eine passende Form.
  3. Verwenden Sie neutrale Formen: Neben der Doppelform gibt es auch neutrale Formen, die geschlechtsunabhängig sind (z. B. Studierende statt Studenten oder Studentinnen). Diese bieten eine inklusive Alternative, um alle Menschen einzubeziehen. Ganz unten zeige ich Ihnen ein Tool, mit dem Sie im Alltag gut formulieren.
  4. Achten Sie auf Konsistenz: Es ist wichtig, eine einheitliche und durchgängige Verwendung der gewählten Gendersprache in Ihrem Text zu nutzen. Andernfalls kann es zu Missverständnissen und Verwirrung kommen.
  5. Seien Sie sensibel: Denken Sie daran, dass Gendern mehr als nur eine sprachliche Praxis ist. Es geht auch um Wertschätzung, Respekt und die Anerkennung von Vielfalt. Seien Sie sensibel und achtsam in Ihrer Wortwahl.

Eine schnelle Hilfe für den Alltag bietet übrigens das Genderlexikon „Geschickt Gendern“, das für viele Wörter die passenden neutralen Formulierungen bereitstellt.

Geschickt Gendern – Online-Genderwörterbuch für den Alltag

Wenn Sie doch Hilfe brauchen – Gendern mit Profis

Wenn Sie unsicher sind, wie Sie das Gendern sinnvoll in Ihren Texten umsetzen können, helfe ich Ihnen gern weiter. Ich berate Sie vor dem Lektorat ausführlich, wie Sie für Ihre Zielgruppe richtig gendern können. Gemeinsam finden wir eine Lösung, die sowohl Ihre Bedürfnisse als auch die Anforderungen der inklusiven Sprache berücksichtigt.

Nehmen Sie Kontakt mit mir auf und lassen Sie uns gemeinsam an einer inklusiven und vielfältigen Sprache arbeiten. Gendern ist kein Trend, sondern eine wichtige Entwicklung, die in vielen Texten bereits angekommen ist. Machen Sie Ihre Texte für alle Menschen zugänglich und ansprechend.

Lassen Sie uns gemeinsam eine Sprache für Ihr Unternehmen schaffen, die alle Menschen einschließt und respektiert!

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Aus dem Lektorat Menschen und Bücher

Wie veranstalte ich eine Lesung?

Eine Lesung ist eine großartige Gelegenheit, dein Werk einem Publikum vorzustellen. Mit guter Planung gehst du entspannt an diese Veranstaltung heran. Gerade für Menschen, die noch nie vor Publikum gesprochen haben, ist gute Vorbereitung hilfreich.

So bereitest du deine Lesung vor

Wähle einen Veranstaltungsort aus, der gut zu deinem Werk und der Atmosphäre passt, die du schaffen möchtest. Du solltest auch sicherstellen, dass der Ort leicht zugänglich und bequem für das Publikum ist.

Die meisten Veranstaltungsorte planen sehr langfristig. Wenn du deine Anfrage stellst, stelle sicher, dass du alle relevanten Informationen übersichtlich mitlieferst. Am besten eignet sich dazu ein sogenannter “Waschzettel”. Auf EINER Seite präsentierst du alle Informationen zu dir und deinem Buch: Inhaltsangabe, Kontaktdaten, Cover, Bestellwege. Halte auch eine Leseprobe bereit, auf die Veranstalter:innen zugreifen können.

Wenn der Ort und Termin feststehen, wird es Zeit für Marketing. Mach Werbung für deine Lesung, indem du sie auf Social-Media-Plattformen wie Facebook oder Twitter bewirbst und eine Einladung an deine Leserinnen und Leser sendest. Du solltest auch Flyer drucken und sie an öffentlichen Orten wie Bibliotheken oder Buchhandlungen aushängen.

Bereite dich gut vor: Wähle deine Textpassagen sorgfältig aus und übe sie. Hol dir Feedback von Freund:innen und Verwandten, ob du ausreichend laut und lebendig liest. Wenn du ein Sachbuch geschrieben hast, überlege dir, was du darüber erzählen möchtest und bereite deinen Vortrag gut vor.

Achte auf die Zeit. Eine Lesung sollte nicht zu lang sein. Aus meiner Erfahrung heraus hat sich das Format von einer Stunde gut bewährt. Lass Fragen aus dem Publikum zu und überlege dir schon im Vorfeld, welche Fragen wahrscheinlich gestellt werden.

Was, wenn niemand zu meiner Lesung kommt?

Lesungen sind immer eine innere Zerreißprobe. Die meisten Autor:innen kennen das Gefühl der Unsicherheit. Oft haben sie Freunde oder Familienmitglieder, die zu unseren Lesungen und Veranstaltungen kommen. Aber fast allen passiert es früher oder später: Niemand, wirklich absolut niemand kommt zur Lesung. Wer würde da nicht enttäuscht sein?

Die Wahrheit ist: Das kann wirklich allen mal passieren.

Auf Twitter teilte vor einiger Zeit eine Autorin einen Tweet darüber, dass nur 2 Menschen zu ihrer Lesung auftauchten. Viele Kolleg:innen antworteten darauf mit Stories und Bildern, wie es ihnen ergangen war.

Unter anderem auch Neil Gaiman, der über eine Lesung schrieb: „Terry Pratchett and I did a signing in Manhattan for Good Omens that nobody came to at all. So you are two up on us.“ (LINK) Margaret Atwood erging es ähnlich, nur dass ein verirrter Besucher sie für eine Verkäuferin hielt und nach einem Produkt fragte.

Auch wenn es schwerfällt: Wenn niemand zur Lesung kommt, sei nicht entmutigt. Es gibt viele Gründe, warum jemand nicht kommen kann, von der Baustelle auf dem Weg bis zum übervollen Terminkalender oder Regenwetter. Beim nächsten Mal kann es schon ganz anders aussehen.

Bild: Roel Dierckens auf Unsplash  

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Aus dem Lektorat Menschen und Bücher

Die Hexen und ich: Artikel in der MARK BRANDENBURG

Die Hexenverfolgung in Brandenburg

Jedes Jahr erscheint beim ammian Verlag, für den ich das Buchprogramm leite,  zusätzlich zu den vier regulären Heften des Geschichtsmagazins DIE MARK BRANDENBURG ein Sonderheft – meistens für ein Wunschthema. In diesem Jahr kam der Wunsch gleich von zwei Seiten: einmal von einer Kooperationspartnerin und von mir selbst: Hexenverfolgung in Brandenburg.

Einleitungsartikel von Dr. Silke Kamp

Für unser Redaktionsteam war sofort klar: Das machen wir – aber nur mit DER Expertin für die Brandenburger Hexenprozesse und mit vielen Autorinnen, die sich auf unterschiedlichste Art mit Hexerei und Magie beschäftigt haben. Wir hatten Glück: Dr. Silke Kamp sagte sofort zu, den Einleitungsartikel beizusteuern. Dazu gab sie uns auch die Namen vieler anderer Expert:innen, die wir ansprechen konnten.

Hexenverfolgung in Brandenburg – Zahlen und Fakten

Im Gegensatz zu anderen Regionen Deutschlands gehört Brandenburg zu den weniger betroffenen Gebieten. Dennoch sind die Zahlen jener Opfer, die durch Inhaftierung, Folter oder Hinrichtung zu Tode kamen, erschreckend.

„In den Jahren 1505 in Ostheeren (Altmark) und 1509 in der Stadt Perleberg (Prignitz) ereigneten sich die ersten überlieferten gerichtlichen Verfolgungen zum vermeintlichen Schadenzauber. Dann schweigen die Quellen für mehrere Jahrzehnte. Für die Mittelmark sind die ersten Rechtsbelehrungen 1529 belegt. In der Uckermark begann die Kriminalisierung von Magie 1538 in Templin mit einem verbalen Verdacht.

Die kontinuierliche Verfolgung setzte in der Mittel- und der Uckermark jedoch erst zu Beginn der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein. Auch die höchste Prozessdichte ist jeweils im Zeitraum von 1571 bis 1580 mit 37, respektive 62 Fällen anzusiedeln. Bis 1671 sind für die Uckermark etwa 270 Verfahren überliefert. Im gleichen Zeitraum sind es für die Mittelmark 150. Doch befassten sich märkische Gerichte bis Mitte des 18. Jahrhunderts mit Hexereivorwürfen.“

(siehe: https://www.brandenburgikon.net/index.php/de/sachlexikon/hexenprozesse)

DIE MARK – HEXEN IN BRANDENBURG

Für das Cover konnten wir die niederländische Künstlerin Nona Limmen gewinnen, deren Bildsprache perfekt zu den Themen des Hefts passt. Wir wollten weder einen Scheiterhaufen, noch eine Folterszene auf dem Cover sehen, sondern vielmehr die Menschen selbst in den Vordergrund setzen. Nona Limmens Werk beschäftigt sich mit dem Okkulten und Magie, es zeigt die dunklen Seiten unserer Existenz, aus denen wir dennoch Kraft schöpfen können.

Hexenverbrennung in der Altmark Titelseite Artikel Hartmut Hegeler
Artikel von Hartmut Hegeler

Das sind die Artikel des Hefts

Dr. Silke Kamp: Hexen in Brandenburg

Wie kommt es zu Hexenprozessen? Sind es wirklich Zauber und Flüche oder doch eher ein Streit mit dem Nachbarn? Dr. Silke Kamp schildert anhand eines Beispiels aus dem brandenburgischen Liebenwalde, welche Faktoren zu Hexenprozessen geführt haben.

Katrin Stupp: Mittelalterliche Zaubersprüche zwischen magischem Heidentum und christlichem Alltag

Zaubersprüche gibt es wirklich: Die Merseburger Zaubersprüche sind ein berühmtes Beispiel für heidnische Magie im frühen Mittelalter. Aufgeschrieben sind sie jedoch in christlichen Büchern. Wie gehen christliche Vorstellungen und heidnischer “Aberglaube” zusammen? Katrin Stupp gibt Erklärungen.

Peggy Prien: Was vom Hexen übrig blieb: Magische Objekte und unheimliche Personen im Spiegel archäologischer Funde

Wiedergänger, Vampire, magische Personen – auch in Brandenburg gibt es Bestattungen, die ungewöhnlich sind. Peggy Prien erzählt von mit Steinen beschwerten Skeletten, von Nägeln in Särgen und „Hexenflasche“.

Bettina Bergmann & Kathrin Schwarz: Von “weisen Frauen” und kundigen Nonnen

Was unterscheidet die Heilkunst der Hildegard von Bingen vom Kräuterwissen der einfachen Landfrauen? Ist ein christlicher Segen genauso wirksam wie ein Umschlag und das “Besprechen” von Krankheiten? Bettina Bergmann und Kathrin Schwarz erzählen von den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Kloster- und Volksmedizin.

Heike Brett: Die Butterhexe von Semlin

Anna Rahns – angeklagt als Hexe nach einer Beschwerde von Käufern der hergestellten Butter und an den Brandenburger Schöppenstuhl überstellt. 2002 wird ihr ein Denkmal auf dem Semliner Dorfplatz errichtet und Heike Brett recherchiert erneut: Ist Anna Rahns wirklich hingerichtet worden?

Hartmut Hegeler: Hexenprozesse in der Altmark

In der Altmark verzeichnete man die meisten Prozesse gegen angebliche Hexen und Zauberer, hier starben mehr Menschen als anderswo in Brandenburg. Hartmut Hegeler stellt einige Kritiker vor, die sich schon früh gegen die Prozesse äußerten.

Klaus-Peter Möller: Klosterhexen, Naturmagie, Chinesenspuk – Die Macht des Unheimlichen in der Dichtung Fontanes

Geistererscheinungen, Hexen, Wiedergänger – überraschend oft tauchen übersinnliche und magische Phänomene in den Werken Fontanes auf. Klaus-Peter Möller geht ihnen nach.

Kathrin Schwarz: Hexendenkmal Bernau – Warum wir der Hexenverfolgung gedenken

Das Hexendenkmal in Bernau am Henkerhaus ist heute kaum zu übersehen. Darauf finden sich die Namen vieler Menschen, die hier angeklagt, gefoltert und hingerichtet wurden. Wie steht es um das Gedenken an die Opfer von Hexenverfolgungen? Kathrin Schwarz gibt einen Überblick.

Stefka Ammon: Das letzte Todesopfer der Hexenverfolgung in Brandenburg

Am 17. Februar 1701 stirbt die fünfzehnjährige Magd Dorothee Elisabeth Tretschlaff im Dörfchen Fergitz in der Uckermark durch das Schwert des Scharfrichters. Die Künstlerin Stefka Ammon hat die Geschichte um diesen letzten Hexenprozess der Uckermark recherchiert.

Alexander Vogel: Alles rechtens – Der Brandenburger Schöppenstuhl während der Hexenverfolgung

Der Brandenburger Schöppenstuhl – das BGH seiner Zeit – bestand fast 600 Jahre und ist gut dokumentiert. Alexander Vogel untersucht, inwieweit dieses Gericht für die Urteile in den Hexenprozessen in Brandenburg verstrickt ist und zu welchen Urteilen es gekommen ist.

Therese Reinke: Moderne Hexen in Brandenburg – Eine Spurensuche

Vereint oder freifliegend, traditionsbewusst oder modern? Hexen gibt es auch heute noch unter uns – an die 10.000 sind es in Deutschland. Therese Reinke macht sich auf die Suche und findet noch immer Gewalt gegen Frauen, Aufruhr und Empowerment.

Hexen in Brandenburg Cover

Die Mark Brandenburg
Sonderheft 2022: Hexen in Brandenburg

erschienen im ammian Verlag
48 Seiten, mit vielen Abbildungen
ISBN 978-3-948052-60-7

6,00 € zzgl. Versandkosten

 


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Tipps für die Überarbeitung Veröffentlichung und Marketing

Eine Firmengeschichte schreiben: Tipps zur Vorbereitung

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, Ihre Firmengeschichte zu schreiben? Im wörtlichen Sinne?

Firmengeschichten werden immer beliebter und geben Kundinnen, Kunden und Partnern einen fantastischen Blick hinter die Kulissen. Sie bieten außerdem eine Möglichkeit, Ihr Unternehmen ins richtige Licht zu rücken – sie sind das perfekte Marketing-Tool.

Welche Form passt zu Ihrer Firmengeschichte?

Grundsätzlich können Sie die Geschichte Ihres Unternehmens in zwei Formen gestalten: als „Über uns“-Text auf Ihrer professionellen Website oder als Printprodukt zu Jubiläen oder besonderen Meilensteinen. Wie Sie Ihre Firmengeschichte am besten verpacken, hängt davon ab, für welche Form Sie sich entscheiden. Ein Website-Text muss kurz und knackig ausfallen. In einer gedruckten Chronik dagegen dürfen Sie ausführlich über die Ereignisse ihrer Firmengeschichte berichten.

Über uns – die Unternehmenschronik als Vorstellungstext auf der Website

Ein Unternehmen lebt von den Menschen, die dort arbeiten. Deshalb ist der Vorstellungstext auf Ihrer Website ein guter Ort, um auch auf die Geschichte Ihrer Firma zu sprechen zu kommen. Am besten funktionieren solche Texte, die emotional fesseln und eine persönliche Komponente mitbringen: Erzählen Sie von den Gründerinnen und Gründern und deren Visionen für das Unternehmen und über die Herausforderungen, die sie auf dem Weg überwunden haben. 

Dabei ist es wichtig, dass Sie sich wirklich auf wenige Details konzentrieren, die relevant sind. Meilensteine, Wendungen und Krisen eignen sich am besten. Werfen Sie nicht mit Zahlen um sich, setzen Sie diese nur sparsam ein – für wirklich relevante Ereignisse. Eine Aneinanderreihung reiner Fakten langweilt Ihre Leserinnen und Leser, zu viele Zahlen führen schnell zu Verwirrung.

Grundsätzlich kann es sich lohnen, für dieses Textformat eine Agentur oder einen Textprofi zu beauftragen. So erhalten Sie einen SEO-optimierten Text, der sich perfekt in Ihre Website einfügt.

Ihre Firmengeschichte im Langformat

Mit einer gedruckten Firmenchronik haben Sie etwas Besonderes in der Hand, dass Sie geschätzten Partnern und Ihren Kundinnen und Kunden präsentieren können. Es lohnt sich also, auch einmal über eine Firmengeschichte in Langform nachzudenken – das kann eine Broschüre sein, aber auch ein ganzes Buch, z. B. zu einem Jubiläum. Im Gegensatz zum „Über uns“-Text auf Ihrer Website sollten Sie zur Planung und Herstellung dieser Firmengeschichte viel Zeit einplanen – vom Textentwurf über Bildauswahl und Produktion bis zum Druck können mehrere Monate vergehen. 

Die Zusammenarbeit mit Text- und Designprofis ist bei gedruckten Firmengeschichten empfehlenswert. Einen so langen Text zu schreiben fällt nicht allen Menschen leicht. Der externe Blick oder sogar eine Schreibbegleitung von Beginn an können helfen, Texte lebendig und interessant zu machen.

Auch bei der Bildauswahl und beim Design ist der Blick von außen sehr wertvoll. Zusammen mit Designerin oder Designer entwickeln Sie Format und Aufmachungen – Text und Präsentation greifen ineinander und bilden ein rundes Ganzes. 

Für eine gelungene Zusammenarbeit können Sie schon im Vorfeld aktiv werden. 

Recherchieren Sie, bevor Sie schreiben

Gibt es noch Gründerinnen und Gründer des Unternehmens, die als Zeitzeugen befragt werden können? Was geben die Archive des Unternehmens her? Wie ist das Unternehmen in die lokalen Gegebenheiten eingebunden und wo taucht es in der Presse auf?

Tragen Sie zusammen, was Sie finden können und was Ihnen dabei helfen kann, sich ein vollständiges Bild von der eigenen Unternehmensgeschichte zu machen. Sie werden erstaunt sein, wie viel Sie bereits finden. 

Ordnen Sie die Ereignisse ihrer Firmengeschichte

Damit kein wichtiges Ereignis verloren geht, sortieren Sie im nächsten Schritt die gesammelten Daten und picken die wichtigsten Ereignisse heraus, die auch Ihre Leserinnen und Leser interessieren werden. Dabei geht es nicht nur um die positiven Höhepunkte, sondern auch um Herausforderungen oder Probleme, die Ihrem Unternehmen begegnet sind. Gerade solche Krisen und Wendezeiten bringen Spannung in Ihre Geschichte und machen Sie als Unternehmen sympathisch. Abeer Achtung: Denken Sie hierbei immer aus Sicht Ihrer Leserinnen und Leser!

Wählen Sie das richtige Bildmaterial

Wenn Sie Ihre Unternehmenschronik später als Buch herausbringen möchten, sollten Sie schon frühzeitig bedenken, dass auch Bilder notwendig sind. Dabei gibt es wichtige Punkte, die Sie bedenken: Die Bilder müssen zum Erzählten passen und sie müssen die richtige Qualität haben. Besprechen Sie am besten schon frühzeitig mit Ihrem Designer oder Ihrer Designerin, welche Anforderungen erfüllt sein sollten.

Sprechen Sie die Sprache Ihrer Kundinnen und Kunden

Klar, so einen Text zu schreiben, fällt uns allen nicht leicht. Es gibt ein paar Tricks, die Ihnen dabei helfen, locker und lebendig zu erzählen. Statt in die sperrige Schriftsprache zu verfallen, versuchen Sie Folgendes: Nehmen Sie sich auf, wie Sie einem imaginären Gesprächspartner von Ihrem Unternehmen erzählen. Später können Sie diese Aufnahme nutzen, um daraus Ihren Text zu stricken.

Geschichten und Anekdoten machen Sie menschlich

Nur trockene Fakten machen uns Leserinnen und Leser auf Dauer nicht glücklich, oder nur die wenigsten. Was uns alle aber immer interessiert, sind die kleinen Geschichten und Anekdoten, die man auf der Party erzählt: skurrile Ereignisse, Überraschungen, kleine Tragödien – das macht eine gute Anekdote aus.

Schreiben Sie Ihre Firmengeschichte mit uns

Schreibcoaching und Lektorat

Ich begleite Sie beim Schreiben Ihrer Firmenchronik vom ersten Gliederungsentwurf bis zum fertigen Text. Gern übernehme ich auch das Projektmanagement und vermittle Dienstleister für Korrektorat und Druck.

Anke Sundermeier

Design und Satz, Druckvorbereitung

Grafikdesignerin Anke Sundermeier übernimmt alle Designschritte, berät Sie bei der Bildauswahl, erstellt das Druckformat und kommuniziert für Sie mit der Druckerei Ihrer Wahl.

Schreiben Sie uns eine E-Mail an info@lektorat-bergmann.de oder rufen Sie an unter 0177 6870047. 

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Menschen und Bücher

„Meine Wunschliste ist riesig und immer im Wandel.“ | Kimonobooks im Interview

Was wären wir ohne Buchblogger*innen? Wesentlich uninformierter, wenn es um Neuheiten auf dem Buchmarkt oder Empfehlungen geht. Gerade auf Instagram gibt es eine lebendige Community mit #bookstagram. Tina von kimonobooks ist eine dieser sehr aktiven Buchbloggerin. Regelmäßig veröffentlicht sie Rezensionen und empfiehlt neben Romanen auch wertvolle Sachbücher.

Von der privaten Website über einen Nagellackblog hin zur Buchbloggerin - was reizt dich an deinen Themen so, dass du seit 2012 schon dabei geblieben bist?

Das ist eine sehr gute Frage! Genau wie damals beim Nagellack bis hin jetzt zu meinen Büchern hatte ich in meinem direkten Umfeld eigentlich nie jemanden, der*die genauso begeistert ist wie ich – ich habe grundsätzlich also nach Austausch gesucht. Den gibt es mittlerweile ja glücklicherweise via Instagram. Einige Freund*innen habe die ich durch die Plattform gewonnen. Dranbleiben hat sich also gelohnt!

Tina von Kimonobooks
Unter dem Namen Kimonobooks stellt die Bloggerin Tina auf Instagram Bücher vor

Eines deiner Themen sind die Literaturen Ostasiens - gerade Japan und Korea kommen bei dir immer wieder vor. Wie bist du dazu gekommen?

Ich bin in meinen Teenager-Jahren durch eine typische Anime- und Manga-Phase gegangen, nach der das große Thema „Asien“ erstmal untergetaucht, aber nie verschwunden ist. Gelegentlich habe ich Filme aus der Region geschaut, bis dann irgendwann mehr und mehr Bücher japanischer, chinesischer und koreanischer Autor*innen dazugekommen sind und ich immer mehr in die Filmszene Ostasiens abgetaucht bin. Und damit kam dann auch der Wunsch, (zunächst) nach Japan zu reisen und damit das nicht allzu peinlich wird, am besten auch gleich die Sprache zu lernen.

Gibt es einen Roman aus Japan oder Korea, der sofort ins Deutsche übersetzt werden sollte?

Ganz soweit, dass ich Bücher in der Originalsprache lesen könnte, bin ich leider noch nicht, aber ich habe einen Geheimtipp, der letztes Jahr ins Englische übersetzt wurde: „People from my Neighbourhood“ von Hiromi Kawakami. Während ihre anderen Bücher meist Liebesgeschichten erzählen, sind das hier Mikro-Kurzgeschichten von oftmals nur zwei Seiten Umfang – und das so unglaublich kreativ und fantasievoll, dass ich es wirklich allen ans Herz legen kann. Offen für Verrücktes sollte man aber schon sein!

Auf Instagram gibt es ein paar tolle Buchclubs, in denen gemeinsam gelesen wird. Wir treffen uns ja immer mal wieder in der Diskussionsgruppe des Komorebi-Buchclubs, bei dem es um japanische Literatur geht. Hast du Tipps für andere Lesegruppen oder für Menschen, die gern einen Readalong veranstalten wollen?

Die einzige weitere Leserunde, an der ich einigermaßen regelmäßig teilnehme, ist der Femibuchcub von @bearnerdette, wo wir alle zwei Monate Sachbücher oder Essay-Bände rund um das Thema Feminismus (und alles, was noch dazu gehört) lesen. Ich muss gestehen, dass ich bei Leserunden nur voll dabei bin, wenn ich das Buch entweder ohnehin auf dem SUB habe oder es ganz dringend lesen möchte. 

Wie wichtig ist es dir, dir Leseziele für ein Jahr zu setzen und wie trackst du sie? Oder ist das nicht auch ein Teil unserer Konsumkultur, in der wir uns alle optimieren wollen und zeigen, was wir erreichen?

Ich persönlich setze mir sehr gerne Leseziele (Goodreads Reading Challenge) – aber nicht, weil ich fix soundsoviele Bücher pro Jahr lesen möchte, sondern einfach um übers Jahr zu schauen, was und wie viel ich lese und ob sich unterjährig etwas in meinem Leseverhalten verändert. Ich kann aber auch die Menschen verstehen, die sagen, dass sie ihr gelesenen Bücher überhaupt nicht tracken, weil es um die Erfahrung des Lesens an sich gehen sollte und nicht um eine bestimmte Zahl. Da stimme ich auch voll zu – auch, wenn ich das tracke, sage ich nicht: „Diesen Monat waren es nur x! Das ist aber wenig!“ Und bin auch nicht enttäuscht (oder zufrieden), wenn ich mein Leseziel erreiche bzw. eben nicht.

Aber ja, ich würde schon sagen, dass auch das Tracken von gelesenen Büchern irgendwie zu unserer Optimierungskultur zählt. Wie viele Artikel ich schon zum Thema „So viele Bücher lesen erfolgreiche Menschen“ gelesen habe! Das ist immer auch ein wenig schade, denn diese Fixierung auf die Anzahl ist ja gar nicht wichtig – Qualität und die Freude an der Lektüre zählen da doch so viel mehr. Und auch die Konsumkultur spielt da mit rein, denn wir werden allein auf Instagram täglich mit so vielen Büchern und Lesetipps bombardiert, auf ganz vielen Profilen wird zeitgleich der nächste Bestseller besprochen – da entsteht dann schon ein wenig FOMO und der Druck, sich das Buch ganz schnell besorgen zu müssen, um mitreden zu können …

Du bist mit dem Vorsatz, weniger kaufen zu wollen, ins Jahr 2022 gestartet. Wie läuft es da bisher und was hat dich zu deinem Vorhaben gebracht?

Tatsächlich ist der gute Konsum regelmäßig Gesprächsthema von mir und der lieben Silke (@bearnerdette) und durch diesen Fokus bin ich dann mehr oder wenig zufällig auf Nunu Kallers neues Buch „Kauf mich!“ gestoßen, in dem sie die Tricks  der Textilindustrie bis zum Supermarkt um die Ecke unter die Lupe nimmt – und wie Konsumenten dann damit umgehen. Im Januar habe ich dann noch ihr früheres Buch „Ich kauf nix!“ gelesen und das hat dann endgültig meinen Beschluss besiegelt, dieses Jahr weniger, bewusster und auch nachhaltiger einzukaufen. Und bisher läuft es auch ganz gut, was ich ehrlich gesagt nicht gedacht hätte! Noch im Dezember gehörten Impulskäufe für mich einfach dazu. Dadurch, dass ich jetzt sämtliche Newsletter von Shops abbestellt habe (so simpel es klingt) und aktuell auch weniger Zeit auf Instagram verbringe, bin ich weniger Werbung ausgesetzt – und was ich nicht sehe, das kann ich auch nicht haben wollen! Für alles, was ich aber trotz Vorsichtsmaßnahmen sehe und ich „sofort haben muss“, habe ich jetzt eine Liste, wo ich diese Wünsche einfach aufschreibe. Ein paar Tage liegen lassen, noch mal drauf schauen und voilá: In den meisten Fällen war es dann doch nicht so überlebenswichtig und ich kann es wieder streichen. Alles, was darauf stehen bleibt, kann ich irgendwann an die Weihnachtswichtel weitergeben. 🙂

Allerdings bezieht sich dein Vorsatz auch auf Bücher - was ist ein notwendiges Buch und was nicht? Oder sind Bücher eine große Ausnahme? (Bei mir ist es so, dass Bücherkauf immer zulässig ist. Mein SuB ist aber auch nicht sehr groß.)

Da mein SUB bei knapp 240 Büchern liegt, muss ich da wirklich auf die Handbremse treten, weshalb mein Konsum-Vorsatz auch für Bücher greift. Idealerweise wird nichts neu gekauft, sondern bei Tauschticket ertauscht oder maximal bei Medimops gebraucht gekauft. Rezensionsxemplare sind natürlich auch irgendwie ausgeschlossen. Also bin ich nicht komplett außen vor, was neue Bücher betrifft – ich bin nur öfter gezwungen, mich mit meinem SUB zu beschäftigen. Eine klitzekleine Ausnahme würde ich für mich aber bei Sachbüchern sehen, hier gibt es ja einen Bildungsauftrag – so konnte ich mir gegenüber im Januar bspw. drei gebraucht über Medimops erstandene Bücher rechtfertigen.

Wie groß ist deine derzeitige Buch-Wunschliste und welche 2 Bücher stehen ganz oben?

Meine Wunschliste für Bücher ist riesig und auch stets im Wandel – aktuell stehen aber eher welche ganz oben, die noch gar nicht erschienen sind: Auf „Rot (Hunger)“ von Senthuran Varatharajah und „Die Welt vor den Fenstern“ von Tatjana von der Beek freue ich mich gerade aber am allermeisten.

Mit mehr als 1.000 Followern und guten Zugriffszahlen auf deinem Blog bist du bereits eine etablierte Bloggerin. Kommen die Verlage inzwischen auf dich zu? Und welchen Druck macht Social Media gerade Buchblogger*innen?

Gelegentlich gibt es tatsächlich die ein oder andere Anfrage von Verlagen, aber das hält sich alles in Grenzen. Was aktuell auch ganz gut ist. Denn auch wenn natürlich nicht jede Anfrage was für mich ist – gerade würden mir einfach die Zeit und Muße dazu fehlen, groß bei Kooperationen oder Ähnlichem mitzumachen. Aber der Druck ist schon da, das auf jeden Fall. Und wenn dann eine Mail reinflattert für die nächste große Neuerscheinung, dann juckt es natürlich schon in den Fingern, diese pünktlich zum Erscheinungstermin zu besprechen.

Das Thema Rezensionsexemplare generell ist ja unglaublich mit Druck beladen – Druck, das Buch schnell auszulesen, um es dann auch möglichst zeitnah zu besprechen, um noch relevant zu sein. Ich kenne auch Schuldgefühle, wenn man ein Buch Monate vor dem Erscheinungstermin angefragt hat und dann bis Erscheinen dann die Leselust nicht aufkommen will. Oder wenn ein Rezensionsexemplar mir überhaupt nicht gefällt und ich es am liebsten abbrechen möchte, aber mir selbst den Druck mache, es auch „richtig“ zu besprechen … Du siehst, hier könnte ich endlos weitermachen. Druck ist ein nicht gerade kleines Thema für mich als Bloggerin. 

Druck macht sicher auch die Gestaltung des Feeds. Dein Feed macht einen sehr kuratierten EIndruck, Farben, Motive und Zusammenstellung sind aus einem Guss. Dahinter steckt sicher eine ganze Menge Arbeit. Neben den Büchern und deiner Katze Gobi gibt es auch ein paar Bilder von dir. Der Algorithmus bevorzugt Gesichter. Erzeugt auch das einen Druck, sich selbst möglichst „optimiert“ zu präsentieren?

Der Feed-Gestaltung widme ich ehrlich gesagt gar nicht so super viel Aufmerksamkeit – ich habe in der Vergangenheit schon mal versucht, ein bestimmtes Muster reinzubekommen oder auch einen super einheitlichen Stil, aber das hab ich nie lange durchgehalten. Viel zu oft hat man eben gerade kein Katzenbild parat oder erinnert sich siedend heiß an den einen Post, der schon seit Monaten geposted werden will – dann aber natürlich nicht in den einheitlichen Feed passt. Daher habe ich diesbezüglich kapituliert – freue mich aber trotzdem, dass du einen roten Faden erkennen kannst!

Bezüglich den Selfies: Da kann ich den Algorithmus gut verstehen (ausnahmsweise mal), denn ich sehe auch gerne, wer hinter einem Account steckt und dass nicht „nur“ Bücher gezeigt werden. Da muss ich mich aber selbst an die Nase fassen, denn ich verstecke mich da gerne und bin bestimmt nicht das beste Beispiel. Aber wenn es dann mal ein Foto mit mir selbst darauf wird, dann natürlich nicht unbedingt eines, das ich lieber aussortieren möchte. Da ich aber „Beautifying“-Filtern und generell auch Schönheitsidealen kritisch gegenüberstehe, zeige ich mich so, wie ich eben bin, und bearbeite da auch nichts nach – wir werden alle ohnehin schon viel zu stark mit totoptimierten Bildern bombardiert, da mag ich mich nicht einreihen. Trotzdem gilt es immer im Hinterkopf zu behalten: Unsere Feeds sind nur unsere „Highlight Reels“ (weiß leider nicht mehr, woher ich den Begriff habe): Auch, wenn nicht nachbearbeitet wird, nehmen wir doch meist das vorteilhafteste Bild. 

Empfohlene Bücher

Immer öfter höre ich, dass Buchblogger*innen mit Instagram nicht mehr glücklich sind. Oft sehen wir die gleichen Bücher bei vielen Accounts und auch auf externe Websites klickt angeblich niemand mehr. Teilst du dieses Gefühl?

Auf jeden Fall! Die Übersättigung kenne ich auch – wie erst ganz kürzlich beim neuen Buch von Hanya Yanagihara. Für die Verlage ist es natürlich schön, wenn ein Kanal von einem ihrer Bücher zum Release geflutet wird – wenn man auf der anderen Seite steht, mag man an diesen Tagen eher weniger in den eigenen Feed schauen. Wenn so etwas absehbar ist, versuche ich, mit ein wenig Verzögerung zu posten. Auch das Gefühl, dass niemand mehr auf externe Seiten klickt, teile ich! Zwar wird es uns mit dem Link-Sticker leichter gemacht, jedoch merke ich selbst, dass ich kaum noch Blogs besuche, und merke das andersherum an meinen Zugriffszahlen auf meinem eigenen Blog. Der Fokus scheint sich hier deutlich auf snackable content verlegt zu haben.

Steht der snackable content nicht aber eigentlich unserer intensiven Auseinandersetzung mit Büchern im Weg?

Ja, auf jeden Fall! Wenn ich nur kleine Häppchen an Rezensionen und Kommentaren zu Büchern konsumiere, leidet darunter die tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Gelesenen und auch die Diskussion mit anderen Menschen. Das ist ein wenig schade, aber in unserer schnelllebigen Zeit wohl nicht anders zu erwarten. Achtsamer mit Medien umzugehen und sich auch gerne Zeit nehmen, ausführlichere Besprechungen zu Büchern zu lesen, die mein Leseerlebnis auch erweitern können, steht auch ganz oben auf meiner Agenda.

Auf welche Bücher freust du dich noch in diesem Jahr?

Meine Liste ist wie jedes Jahr nach Sichtung der neuen Verlagsvorschauen lang, auf einige Schätzchen freue ich mich aber ganz besonders, etwa das neue Buch von Amélie Nothomb, „Automaton“ von Berit Glanz und auch diversen Autor*innen aus dem asiatischen Raum – diese Vorschauliste hatte ich vor einer Weile auch auf meinem Profil geteilt.

Hier findet ihr Tina Wagner von Kimonobooks:

Kimonobooks – Blog

@kimonobooks auf Intagram

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Aus dem Lektorat

Die Geschichte des Fragezeichens

Das Fragezeichen zählt zu den einfachsten Satzzeichen im Deutschen. Die Regeln für seine Verwendung sind übersichtlich und leicht zu merken. Seine Geschichte dagegen ist mysteriös und umstritten.

Das Fragezeichen – ein Mysterium

Über den Ursprung des Fragezeichens gibt es mehrere Theorien. Eine davon ist besonders schön, wenn auch nicht besonders wahr: Man behauptete, das Fragezeichen sei schon von den alten Ägyptern erfunden worden – als Sinnbild des Schwanzes einer neugierigen Katze. Andere wiederum behaupten, es wäre die Erfindung eines Mönchs, dem sein geliebtes Haustier als Inspiration diente. Beide sind leider so schön, wie falsch.

Das Fragezeichen im Mittelalter

Die Griechen jedenfalls kannten das Fragezeichen in unserer heutigen Form nicht und auch die Römer hatten kein vergleichbares Satzzeichen. Stattdessen verwendeten sie Punkte auf unterschiedlicher Höhe, um Texte zu gliedern.

Zuerst taucht das Fragezeichen in mittelalterlichen Handschriften auf. In den Klöstern Europas kopierten Mönche Handschriften in jahrelanger Kleinstarbeit. Weil Latein für sie eine Fremdsprache war, versuchten sie, Lesern durch die Verwendung von Satzzeichen und Wortzwischenräumen das Verstehen und Vorlesen dieser Texte einfacher zu machen. Dazu kamen auch Markierungen zur Betonung von Silben und Kapitelkennzeichnungen.

Das führte übrigens zuerst zur Theorie, dass das Fragezeichen aus dem lateinischen Wort quaestio entstanden sei, das Schreiber angeblich an das Ende von Fragen schrieben, um den Satz als solche zu markieren. Aus quaestio wurde die Abkürzung qo, dann schrieb man das q über dem o – und so wurde es zum Fragezeichen. Leider haben wir heute keinerlei Belege, dass diese Theorie stimmen könnte.

Die karolingische Bildungsreform

Am wahrscheinlichsten ist dagegen, dass Alkuin von York beteiligt daran ist, dass wir noch heute jede Frage mit dem Fragezeichen versehen. Dieser Gelehrte aus Yorkshire wurde von Karl dem Großen als Gelehrter und Berater an den Hof eingeladen und ist der Wegbereiter der karolingischen Bildungsreform. Alkuin beklagte sich, dass die Interpunktion der Antike verloren gegangen sei (er hielt inkompetente Schreiber für schuldig) und keinen Nachfolger gefunden habe. So setzte er sich selbst für eine konsequente Interpunktion ein.

Das Fragezeichen tauchte erstmal in den Schriftreformen Karls des Großen auf und verbreitete sich ab dem 9. Jahrhundert zusammen mit der karolingischen Minuskel über Europa – wenn auch noch nicht mit seinem heutigen Aussehen. Wahrscheinlich ist, dass es sich aus der zu dieser Zeit verwendeten Neume Quilisma entwickelte, „also einem musikalischen Zeichen, das von mittelalterlichen Schriftstellern als „zitternde und steigende Tonverbindung“ beschrieben wird (B. Bischoff). Demnach stellte das Fragezeichen einen Hinweis für den (Vor-)Leser eines Textes dar, die Stimme zu heben; es charakterisiert die ansteigende Tonmelodie des entsprechenden Satzes und ist also ein rhetorisches Zeichen […].“ (mittelalterliche-geschichte.de).

Endlich ein Aussehen – die Vereinheitlichung des Fragezeichens

Mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg mit beweglichen Metalllettern und Druckerpressen. Die Buchdrucker konnten allerdings die Formenvielfalt aus den Manuskripten nicht aufs Papier bringen, sodass eine Vereinheitlichung notwendig war. So wurde für jedes Zeichen eine bestimmte Form festgelegt und auch das Fragezeichen erhielt so seine heutige Form. Das deutsche Wort „Fragezeichen“ ist aber erst für das 16. Jahrhundert belegt.

Das moderne Interpunktionssystem in Deutschland und Regeln für die Verwendung des Fragezeichens

Am Ende des 19. Jahrhunderts arbeitete vor alle meiner daran, das deutsche Interpunktionssystem mit Regeln zu versehen: Konrad Duden, Gymnasiallehrer und späterer Direktor des Königlichen Gymnasiums zu Hersfeld. 1876 verfasste er den „Versuch einer deutschen Interpunktionslehre“, 1880 folgte „Vollständige Orthographische Wörterbuch“, das allerdings noch keine Regeln zur Zeichensetzung erhielt.

Erst 1903 erschien der sogenannte Buchdruckerduden, der zum ersten Mal die Zeichensetzung beinhaltete. Die dort getroffenen Regelungen wurden in der 9. Auflage des „Rechtschreibdudens“ 1915 übernommen und immer weiter überarbeitet.

Das umgekehrte Fragezeichen im Spanischen ¿

Eine Besonderheit gibt es im Spanischen, den hier werden sowohl Fragezeichen als auch Ausrufezeichen in umgekehrter Form verwendet. Die Regel findet sich erstmals in der zweiten Auflage der Ortografía der Real Academia de la Lengua, die 1754 erschien. In der Diskussion wurde die Einführung damit begründet, dass man schon zu Beginn eines Satzes wissen sollte, dass es sich um eine Frage handelt. Das würde auch so manchem deutschen Satz gut stehen – besonders, wenn er sehr lang ist.

Quellen

Irmgard Fees: Interpunktion, in: Mathias Kluge (Hg.), Mittelalterliche Geschichte. Eine digitale Einführung (2014).

Verband der Parlaments- und Verhandlungsstenografen e. V.: Punkt, Punkt, Komma, Strich – Zu Geschichte u. Funktion der Zeichensetzung – Zeitreise durch die Geschichte der Zeichensetzung.

Lexico: What Is The Origin Of The Question Mark?

Uni Zürich: Das Zeitalter der fränkischen Herrschaft: Die karolingische Bildungsreform

Titelbild: Jon Tyson auf Unsplash

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Menschen und Bücher

„Menschen mit Büchern matchen ist meine Leidenschaft“ | Trude Schneider im Interview

Auf das dritte Interview in der Reihe Menschen und Bücher habe ich mich schon lange gefreut!

 

Trude Schneider ist keine Unbekannte in der deutschen Buchbranche. Die Netzwerkerin kennt gefühlt alle Menschen und ist nie verlegen um die Vermittlung guter Kontakte und schöner Begegnungen.

 

An einem eisigen Novembertag trafen wir uns in Berlin, meiner Heimatstadt, auf einen Kaffee und drei oder vier Buchtipps – aber natürlich nicht in irgendeinem der vielen Cafés, sondern in einer sehr besonderen Buchhandlung in Berlin-Neukölln. Im SheSaid finden geneigte Leser*innen ausschließlich Bücher von weiblichen und queeren Autor*innen – hier gibt es weder Böll noch Houellebecq. Dafür aber viel spannende Literatur von z. B. Virginia Woolf, Christoph Isherwood oder auch Linus Giese (steht hier übrigens auch mal hinter dem Tresen).

Liebe Trude, wir treffen uns heute in Berlin - genauer gesagt in einem Buchladen. Das ist für uns an sich nichts Ungewöhnliches, denn über Bücher haben wir uns ja auch kennengelernt…was verbindet dich insbesondere mit diesem Buchladen?

Das She Said liegt ja nicht mal eben so bei mir um die Ecke und trotzdem bin ich hier sehr regelmäßig zu Besuch. Mich verbindet mit dieser Buchhandlung so vieles … ich denke, dass die ganze queere Community aufgeatmet hat, als dieser Buchladen entstand: ein Ort für uns, in dem wir gesehen werden, die richtigen Bücher und Autor*innen finden, die kompetent vorkuratiert werden. Die Bücher wurden von Frauen und queeren Menschen geschrieben. Wenn ich dort ein Buch hole, dann darf ich mir sicher sein, dass die Inhalte zu meiner Lebensweise und meinem feministischen Denken passen, mich inspirieren und bereichern. Und ich habe ja selbst über drei Jahre in Neukölln gelebt und bin immer wieder gerne dort. Im She Said ein Buch kaufen und dann in einem netten Café am Maybachufer oder im Graefekiez lesen ist für mich Lebensqualität pur. 

Trude Schneider von Literaturpower
Trude Schneider lebt und arbeitet in Berlin als Literaturvermittlerin, Deutschlehrerin und Social-Media-Expertin. Bild: Rebecca Sampson

Das ist natürlich nicht der einzige Buchladen, den du in Berlin frequentierst. Was sind deine Top-3-Buchläden der Stadt?

Schon gemein, dass ich jetzt nur drei nennen darf. Ich fange mal an mit denen, die ich wirklich regelmäßig besuche: Da steht an erster Stelle der Berliner Büchertisch. Die Filiale in der Gneisenaustraße frequentiere ich beinahe wöchentlich und kaufe immer ein paar Bücher für Freund*innen und mich. Übrigens haben sie auch eine ganz kleine Erotikabteilung (ein bisschen versteckt, aber mit Hocker und gezieltem Blick erreichbar). Und die Kinderbuchabteilung ist auch großartig, sie haben ein tolles Leseförderungskonzept: Kinder dürfen dort einmal am Tag vorbeischauen und sich ein Buch kostenlos aussuchen und behalten. Das finde ich wunderbar und absolut unterstützenswert. 

Im Berliner Büchertisch waren wir ja auch 2019 mit Kathrin Schwarz auf unserer Old Books Treasure Hunt: wir drei und noch ein paar andere Buchbegeisterte auf einer wilden Tour quer durch die Berliner Antiquariatslandschaft. Das war wirklich ein Traum und wir hoffen auf ein baldiges Revival. Vielleicht ja schon im Sommer?

Im Friedrichshain besuche ich gerne Unforgotten Books und in Kreuzberg das Leseglück. Diese kleinen unabhängigen Buchhandlungen, die von super sympathischen Buchhändler*innen geführt werden. Wenn ich mich nicht auf drei reduzieren muss, dann möchte ich noch unbedingt das Ocelot und Dussmann nennen: die Menschen, die Auswahl, die Atmosphäre und die Lesungen – es sind Orte, die für mich Inspiration und Glück bedeuten.

Woran arbeitest du derzeit?

Irgendwann im Laufe meiner Literaturpower-Karriere wurde aus der Buchvermittlerin Trude die Social-Media-Expertin und nun gebe ich inzwischen Kurse und Coachings in der Buchbranche, um Buchhandlungen und Verlagen zu helfen, ihre Social-Media-Präsenzen aufzubauen. Daneben betreue ich mit Herzblut die Social-Media-Kanäle des Äquatorkind Verlags, für den ich freiberuflich arbeite. Ich lerne hier immer wieder viel Neues und gewinne wichtige Einblicke in die Branche aus Verlagsperspektive. Bibliodiversität ist mir ein besonderes Anliegen. Es macht mir große Freude mit Unternehmen wie Genialokal zu kooperieren oder für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels zu arbeiten. Literaturpower und das Buchmarketing teilen sich meine Aufmerksamkeit mit einem zweiten eigenen Business, in dem ich weniger mit Literatur und wieder mehr mit der Sprachvermittlung zu tun habe. 

Auf deinem Instagram-Account gibt es die Reihe Humans of Books, in der du Menschen beim Lesen fotografierst oder kleine Interviews mit ihnen führst. Haben sich über diese spontanen Begegnungen auch schon Freundschaften ergeben?

Über Instagram und die sozialen Medien haben sich viele Freund*innenschaften ergeben und das finde ich total bemerkenswert. Und auch für Humans of Books habe ich schon viele Menschen fotografiert mit denen ich gut bekannt oder sogar befreundet bin. Aber bis auf wenige Ausnahmen, blieb ich mit spontanen Begegnungen für mein Herzensprojekt meist auf professioneller Distanz. Ich kann dir gar nicht genau sagen, warum das so ist. Vielleicht schreckt das DSGVO-Paper, das ich immer zücke und auf dem ich mir die Erlaubnis, ein Foto oder Video zu machen, unterschreiben lasse auch ein wenig ab. Na und dann ist zu bedenken: Lesende Menschen möchte ich auch gar nicht zu lange stören. Fix Foto geknipst, danke sagen und weiterlesen lassen.

Auf literaturpower.de hilfst du Menschen dabei, das richtige Buch für ihr Lebensgefühl oder zu einem bestimmten Thema zu finden. Was hat dich zu Beginn deiner Karriere dazu bewegt, dieses Projekt zu starten?

Im Grunde habe ich das schon immer gemacht: Menschen mit Büchern zu matchen war und ist meine Leidenschaft. Irgendwann erfuhr ich von der Bibliotherapie, sah mich darin und dann noch etwas später wollte ich das richtig professionell aufbauen. Ich biete ja keine konventionelle Therapie an, sondern empfehle Bücher, die in unterschiedlichen Lebenssituationen bereichern, herausfordern und inspirieren können. Dabei hatte ich lange geplant, mal etwas eigenes zu starten und selbstständig zu sein und dann ging es erstmal nicht so sehr darum womit ich das mache, sondern Hauptsache ins Machen kommen und irgendetwas mit Literatur und Sprache. Ich wollte meine Leidenschaft leben und glücklicherweise hat sich das als die richtige Entscheidung erwiesen.

Dein vorletzter Artikel dreht sich um das Thema sexuelle Intelligenz - du empfiehlst ein paar gute Bücher und Toys von funfactory - und erzählst dabei auch sehr frei aus deinen eigenen Erfahrungen. Siehst du hier noch immer einen großen Nachhol- und Redebedarf bei Menschen?

Ja, krass! Es gab noch nie so viel Feedback zu einem meiner Artikel wie zu diesem. Der Redebedarf ist groß und da ist tatsächlich auch noch viel Nachholbedarf. Weshalb ich auch weiter mit funfactory kooperieren werde. Der nächste Artikel in der Reihe ist bereits in Planung und wird womöglich sogar etwas kinky angehaucht sein. Denn obwohl über 50 % der Menschen kinky Fantasien haben, findet hier noch so viel Stigmatisierung statt. Wie schade ist das?!! Was aber schön ist: es gibt immer mehr Publikationen im Bereich des Sexpositivismus. Menschen lernen in ihnen, dass Sexualität wenig Grenzen kennt und von Asexualität bis BDSM alles seinen Raum findet und völlig normal ist. Es macht mir Spaß diese Bücher zu lesen, über sie zu schreiben und dann mit anderen Menschen darüber in den Austausch zu gehen. Das hat mich persönlich bereits sehr wachsen lassen.

Was glaubst du: Macht die Liebe mehr Menschen unglücklich als glücklich?

Das ist eine super spannende Frage. Aktuell beschäftigt mich das Konzept “Liebe” sehr und ich versuche auf verschiedenen Ebenen zu verstehen, was es eigentlich bedeutet jemanden zu lieben. Şeyda Kurts Radikale Zärtlichkeit hat mich da noch mal sehr angestachelt und meine ganz persönlichen Grenzen zwischen Beziehungen und Freund*innenschaften verschwimmen zunehmend. Liebe hat in der Vergangenheit in meinem Leben zu starker Verschmelzung mit meinen Partner*innen geführt und ja, dann glaube ich, dass das früher oder später auch unzufrieden macht, weil wir uns selbst verlieren. Allein diese starke Erwartung, dass genau das passiert: eine andere Person mache uns vollständig, und diese ewige Suche danach macht schon unglücklich. Daniel Schreibers Allein gibt da auch nochmal viele Denkanstöße. Liebe kann so viel mehr bedeuten und vielleicht viel freier und undefinierter funktionieren. Ich mag zwar Labels, weil sie Struktur geben und ich schon so ein kleiner Struktur-Suchti bin, aber ich dekonstruiere aktuell meine Labels. Kurt hat da meiner Ansicht nach einen wichtigen Punkt: weniger romantisieren und dafür mehr in Zärtlichkeit denken und zulassen.

Ich kenne dich als großartige Netzwerkerin, die in der Buchbranche, aber auch außerhalb, die unterschiedlichsten Menschen zusammenbringt. Man sagt ja: „Wer Gutes tut, dem wird auch Gutes geschehen.“ Ist das für dich so?

Lieben Dank für die Blumen! Wenn ich so auf 2021 zurückschaue, dann fühle ich tatsächlich große Dankbarkeit. Ich habe so viel bekommen, so tolle Menschen getroffen und viel Schönes erlebt. Ich kann die kleinen Momente wertschätzen und ich bin wirklich kein Mensch, der nur mit rosa Brille durchs Leben geht. Aber aktuell habe ich wenig Grund zu klagen. Ob das nun mit dem zusammenhängt,  was ich gebe?  Vielleicht ein kleines bisschen.

Nicole Seifert vom Blog nachtundtag hat in ihrem Buch „FrauenLiteratur, Abgewertet, Vergessen, Wiederentdeckt“ viel über die Ungleichheit in der Behandlung von Literatur von Frauen und Männern geschrieben. Mit Palomaa Publishing aus Leipzig gibt es jetzt einen Verlag von Frauen, die exklusiv Frauen verlegen - ähnlich ist es auch mit dem neuen AKI-Verlag. Und wir sitzen bei She Said - siehst du, dass sich etwas ändert in der Literaturszene?

Noch viel zu langsam, wenn du mich fragst. Die Strukturen sind so zäh und die Gemüter so eingefahren. Viele verstehen Feminismus immer noch als Aggression und können mit Queerness wenig anfangen. Systemische, strukturelle Diskriminierung anzugehen ist ein Mammutprojekt und ich freue mich über jede feministische Publikation, bin aber immer mal wieder auch ernüchtert ob der Hürden, die weiterhin zu nehmen sind. Ich schaue inzwischen sehr genau darauf, wer ein Buch geschrieben hat und wem ich Reichweite geben möchte. Das war zu Beginn von Literaturpower anders. Ich nenne jetzt lieber keine Namen, aber sagen wir mal so: nicht auf alle meine Rezensionen bin ich stolz.


Die Gründung des She Saids hat mich sehr glücklich gemacht. Die Branche ist ja eh total weiblich und es lesen auch deutlich mehr Frauen als Männer. Vielleicht kann sich daran ja noch etwas ändern. Übrigens hatte ich sogar Gelegenheit zur Buchpremiere von Nicole Seiferts Frauen Literatur im Ocelot zu gehen. Spannend und erkenntnisreich!

Empfohlene Bücher

Empowerment zieht sich wie ein roter Faden durch dein berufliches Schaffen. Wie sieht es mit deiner privaten Lektüre aus? Sehr weiblich, sehr queer? Und was ist derzeit dein Lieblingsbuch, das du allen empfehlen würdest?

Total weiblich und queer. Im letzten Jahr habe ich aktiv mit Hörbüchern angefangen und lausche vielen Ratgebern und Sachbüchern. Ich liebe gute Belletristik und dank dem Avant-Verlag, der auch in Berlin sitzt, lese ich inzwischen immer mal wieder Graphic Novels mit sehr viel Enthusiasmus. Da gibt es so wahnsinnig viel zu entdecken. Und du weißt ja: es gibt so viel zu lesen und so wenig Zeit. Hörbücher höre ich übrigens mit doppelter Geschwindigkeit. 

2021 habe ich häufig Ich bin Linus von Linus Giese und Radikale Zärtlichkeit von Şeyda Kurt verschenkt und empfohlen. Ein Roman, der mich zuletzt besonders berührt hat war Was man von hier aus sehen kann von Mariana Leky. 

 

**Anmerkung** Trude Schneiders neuer Artikel empfiehlt aktuelle feministische Lektüren für alle. Reinlesen lohnt sich!**

Welche Pläne hast du für 2022?

„Der Plan ist alles. Der Plan ist nichts.“ Ich plane sehr sehr gern, muss aber nicht dogmatisch an meinen Plänen festhalten. Ein größeres Projekt habe ich schon vor einiger Zeit in Angriff genommen und zumindest die ersten Schritte sollen in diesem Jahr umgesetzt werden: “Femquotes”. Bei meiner Arbeit fiel mir oft auf, dass Zitate, die wir im Internet finden, fast ausschließlich von Männern stammen und das hat mich sehr geärgert. Das macht ja etwas mit uns, wenn wir motivierende, schlaue Zeilen lesen und die immer nur Männern zugeschrieben werden. Es ist wirklich mühsam gute Zitate zu finden, die von Frauen und queeren Menschen stammen, dabei gibt es die. Sie müssen nur verfügbar bzw. auffindbar gemacht werden. Dazu möchte ich mit Femquotes einen Beitrag leisten. 

Für Literaturpower sind auch schon die nächsten Artikel geplant. Es wird um japanische Literatur gehen, ein Sinologe wird bei mir über chinesische Comics schreiben und vegane Kochbücher werden von Silke Krämer vorgestellt. Humans of Books wird hoffentlich wieder aktiver von mir bespielt. Ich sehe ja, wie sehr sich die Menschen darüber freuen und dann möchte ich super gerne endlich mit Kathrin Schwarz in die zweite Auflage der Old Books Treasure Hunt gehen.

Und noch eine letzte Frage und damit zurück zur Selbstliebe: Wann hast du zuletzt mit einem liebevollen Mund geküsst?

Da fallen mir gleich diese Liedzeilen ein: “Maybe I can steal a kiss tonight, after all, it’s Christmastime.”

Alle Coverbilder via amazon.

Bilder von Trude Schneider: Rebecca Sampson.

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