Herzlichen Glückwunsch! Du hast deinen ersten Entwurf geschrieben und freust dich, dass deine Idee endlich Wirklichkeit wird. Jetzt überlegst du, ob du ein Lektorat in Anspruch nehmen sollst und weißt nicht genau, was dich erwartet? In diesem Artikel zeige ich dir, was ein Lektorat alles bietet.
Warum du keine Angst vor dem Lektorat haben solltest
Viele Autor*innen im Self-Publishing sagen mir, dass sie nur ein Korrektorat brauchen, denn inhaltlich sei schon alles erledigt. Häufig sind die Gründe für diese Ansicht Zeitdruck, Geld und das eigene Ego. Aber bevor du auch so handelst, solltest du dir etwas klar machen: Gute Romane brauchen Zeit und schlechte Bewertungen kosten dich langfristig viel mehr, als du für ein gutes Lektorat ausgegeben hättest.
Die größte Angst – und auch die am seltensten ausgesprochene – ist aber, dass im Lektorat der eigene Stil oder die selbst erdachte Geschichte so verändert wird, dass sie nicht mehr „deine“ ist. Deine Angst ist verständlich, aber bei der Zusammenarbeit mit professionellen Lektor*innen musst du sie nicht haben.
Vor Kurzem bin ich in eine neue Wohnung gezogen und war unglücklich über die schlecht tapezierten Wände. Ein Bekannter half uns. Er hat eine lange Karriere als Maler hinter sich. Als ich ihm von meinen Befürchtungen erzählte, sagte er den sehr schönen Satz: „Ein Maler ist wie eine Kosmetikerin – er macht alles schön.“
Das trifft genauso auch auf das Lektorat zu. Es ist nicht meine Aufgabe, deinen Text nach meinen Vorstellungen zu verändern. Ich gebe dir professionelle Ratschläge, an welchen Stellen du arbeiten kannst, damit dein Text „rund“ wird.
Viele Schritte bis zum fertigen Buch
Das Lektorat ist natürlich nur einer von vielen Schritten bis zum fertigen Buch. Je nachdem, wo und in welcher Form dein Buch erscheinen soll, kommen einige hinzu, andere fallen weg. Gerade im Self-Publishing bietet es sich an, Testleser*innen zu suchen oder ein Sensitivity Reading in Auftrag zu geben, wenn du dir über die Darstellung nicht sicher bist. Auch Marketing-Schritte solltest du einplanen.
Trotzdem möchte ich dir gern eine kurze Übersicht geben, welche Arbeitsschritte idealerweise geschehen, bevor dein Buch erscheint.
- Schreiben
- Überarbeiten
- Manuskriptkritik
- Entwicklungslektorat
- Stillektorat
- 1. Korrekturlauf
- Buchsatz
- 2. Korrekturlauf
- Finale Revision
- Druck
Wie gesagt: Nicht alle Schritte sind immer notwendig. Gerade, wenn du schon länger mit deiner/deinem Lektor*in zusammenarbeitest, seid ihr ein eingespieltes Team und wisst, wie der Hase läuft. Dann kann oft das Entwicklungslektorat entfallen oder ihr steigt mit einer schnellen Manuskriptkritik ein, bevor es direkt in das Stillektorat geht.
Für einen ersten Überblick stelle ich dir hier die Schritte vor, an denen ich als Lektorin oft beteiligt bin.
Die Manuskriptkritik – ein Einstieg in das professionelle Lektorat
Idealerweise hast du hier die erste Version deines Manuskripts abgeschlossen und selbst schon einmal überarbeitet. Für diesen Schritt gibt es zwei Varianten:
Ein Gutachten ist die perfekte Grundlage für ein tiefgehendes Lektorat, denn hier haben wir schon über grundlegende Fragen gesprochen, die sich beim ersten Lesen ergeben. Die meisten Autor*innen aber überspringen diesen Schritt und wünschen sich gleich ein stilistisches Lektorat. Das führt dann häufig dazu, dass sich der Aufwand im Text deutlich erhöht. Mit einem Gutachten ist der Blick auf den Text nämlich schon viel geschärfter.
Mehr Informationen habe ich dir in meinem Artikel Was ist eine Manuskriptkritik? zusammengestellt.
Das Entwicklungslektorat - für einen guten Plot und glaubhafte Charaktere
Das Entwicklungslektorat ist die nächste Stufe. Es kann entweder nach der Manuskriptkritik erfolgen oder du entscheidest dich gleich für diese Tiefenanalyse.
Wir feilen an deinem Plot, straffen den Handlungsbogen und überarbeiten die Darstellung deiner Figuren. Dann konzentrieren wir uns darauf, deine Stimme zu finden und machen uns darüber Gedanken, was du mit deinem Text aussagen möchtest. Meine Arbeit orientiert sich zu einhundert Prozent an deinen Vorstellungen – wir lernen uns und deinen Text also so richtig kennen.
Damit wir die besten Ergebnisse erzielen, nutze ich im Entwicklungslektorat gerne verschiedene Materialien und Tools. Dazu gehörten Weltenbaubögen, Charakterbögen, Plot-Methoden oder auch Pinboards für die Zielgruppenanalyse.
Das Stillektorat - erfolgreich durch die schwerste Phase
Jetzt geht es ans Eingemachte. Im Stillektorat bearbeite dein Manuskript Zeile für Zeile, Absatz für Absatz. Fakten werden gecheckt, der Stil deines Textes geprüft. Sprechen deine Figuren so, wie man es von ihnen erwartet? Sind die Schauplätze gut beschrieben und wird die Perspektive eingehalten?
Wenn wir diesen Schritt geschafft haben, hat dein Manuskript sich wahrscheinlich schon deutlich verändert. Auch Autor*innen, die jedes Jahr mehrere Bücher auf den Markt bringen, profitieren von diesem Schritt. Denn wir alle werden betriebsblind für unsere eigenen Texte. Und jeder Mensch neigt dazu, bestimmte Wörter oder Wendungen immer wieder zu benutzen. Da ist ein frisches Paar Augen gefragt, um solche Textstellen zu erkennen.
Aufräumen im Manuskript – Haben wir etwas übersehen?
Das hier ist ein Zwischenschritt, der sehr nützlich sein kann und dir etwas Zeit zum Durchatmen gibt. Nachdem du alle Änderungen aus dem Stillektorat eingearbeitet hast, schaust du das Material durch. Sind noch Kommentare unbeantwortet? Haben wir ein loses Ende übersehen? Das beheben wir gemeinsam, bevor es mit dem nächsten Schritt weitergeht.
Der erste Korrekturlauf - Richtig schreiben ist wichtig
Hier endet das klassische Lektorat und es beginnt eine Arbeit, die viele Menschen anstrengend finden: das Korrektorat.
Du stellst dir wahrscheinlich die Frage: Machst du das nicht sowieso bei der Bearbeitung des Textes? Ja und Nein. Natürlich korrigiere ich Fehler, die mir schon auffallen, wenn ich deinen Text bearbeite. Aber das ersetzt kein vollwertiges Korrektorat – besonders dann nicht, wenn du selbst noch viele Änderungen einarbeitest.
Deshalb empfehle ich immer ein gesondertes Korrektorat. Im besten Fall übernimmt das sogar eine andere Person als ich. Die meisten Lektor*innen verfügen über ein gutes Netzwerk und können die jemanden empfehlen. Übrigens: Ich arbeite mit 2 Kolleginnen eng zusammen im Textkollektiv Avantgarde Noir. Durch die kurzen Kommunikationswege bieten wir dir gern ein Paket an.
Der zweite Korrekturlauf - weil einmal eben nicht reicht
Viele Menschen denken, dass ein Korrekturdurchlauf ausreichend ist. Das geht natürlich, aber es ist nicht sehr empfehlenswert. Denn Korrekturlesen hat mehr zu bieten, als nur Rechtschreibfehler und Grammatik zu berichtigen. Deshalb ist ein zweiter Korrekturlauf sinnvoll, wenn dein Text aus dem Buchsatz kommt.
Sind deine Absätze richtig formatiert? Fehlt irgendwo Text, der beim Setzen verloren gegangen ist oder entstehen unschöne Trennungen? Das alles gehört mit in diesen Lauf hinein. In Zusammenarbeit mit der Person, die dein Buch gestaltet, werden jetzt die letzten Fehler aufgedeckt. Die Korrekturen werden dann in das gesetzte Manuskript eingearbeitet, bevor du deine Geschichte endlich in den Druck geben oder als E-Book veröffentlichen kannst.
Die Preisfrage – Balance zwischen Budget und Qualität
Zuletzt möchte ich noch ein paar Worte über die Preisfrage verlieren. Ich bin mir sicher, dass sie auch dich bis hierher schon begleitet hat. Immer wieder lese ich in einschlägigen Autor*innen-Gruppen von Menschen, die sich nicht sicher sind, was ein gutes Lektorat kostet.
Diese Frage kann ich auch nicht beantworten, denn ein Lektorat ist kein Artikel, der mit einem Festpreis in einem Warenkorb landet. Jeder Text ist anders und benötigt individuelle Aufmerksamkeit. Deshalb bietet ich immer ein Vorgespräch an, in dem wir uns anhand einer Textprobe annähern und bestimmen, was dein Text braucht und welche Aspekte im Mittelpunkt der Bearbeitung stehen sollen.
Dieses Ausloten ist eine wichtige Stellschraube für deine Budgetplanung. Ein Manuskript, dass du schon selbst überarbeitet hast, macht im Lektorat natürlich weniger Arbeit als eine Rohfassung – der Arbeitsaufwand ist viel geringer und senkt damit den Preis.
Immer gilt: Denk bitte daran, dass Lektor*innen Freiberufler*innen sind, die von ihrer Arbeit leben. Unser Berufsverband heißt VFLL e.V. Viele Lektor*innen sind hier Mitglied – und verpflichten sich damit den Richtlinien wie Diskretion, Fairness, Professionalität und Sorgfalt. Mitglieder müssen ihre Professionalität nachweisen, bevor sie aufgenommen werden. Siehst du also, dass ein*e Lektor*in Mitglied ist, kannst du davon ausgehen, dass du hier ein gutes Lektorat erhältst.
Bildnachweis
Titebild von Wokandapix auf Pixabay
Beitragsbild von olia danilevich von Pexels
Eine Antwort auf „Was dich im Lektorat erwartet“
[…] meinem Artikel Was dich im Lektorat erwartet habe ich es schon angesprochen: Ein Manuskript muss mehrmals korrigiert werden – und am besten […]