Das Fragezeichen zählt zu den einfachsten Satzzeichen im Deutschen. Die Regeln für seine Verwendung sind übersichtlich und leicht zu merken. Seine Geschichte dagegen ist mysteriös und umstritten.
Das Fragezeichen – ein Mysterium
Über den Ursprung des Fragezeichens gibt es mehrere Theorien. Eine davon ist besonders schön, wenn auch nicht besonders wahr: Man behauptete, das Fragezeichen sei schon von den alten Ägyptern erfunden worden – als Sinnbild des Schwanzes einer neugierigen Katze. Andere wiederum behaupten, es wäre die Erfindung eines Mönchs, dem sein geliebtes Haustier als Inspiration diente. Beide sind leider so schön, wie falsch.
Das Fragezeichen im Mittelalter
Die Griechen jedenfalls kannten das Fragezeichen in unserer heutigen Form nicht und auch die Römer hatten kein vergleichbares Satzzeichen. Stattdessen verwendeten sie Punkte auf unterschiedlicher Höhe, um Texte zu gliedern.
Zuerst taucht das Fragezeichen in mittelalterlichen Handschriften auf. In den Klöstern Europas kopierten Mönche Handschriften in jahrelanger Kleinstarbeit. Weil Latein für sie eine Fremdsprache war, versuchten sie, Lesern durch die Verwendung von Satzzeichen und Wortzwischenräumen das Verstehen und Vorlesen dieser Texte einfacher zu machen. Dazu kamen auch Markierungen zur Betonung von Silben und Kapitelkennzeichnungen.
Das führte übrigens zuerst zur Theorie, dass das Fragezeichen aus dem lateinischen Wort quaestio entstanden sei, das Schreiber angeblich an das Ende von Fragen schrieben, um den Satz als solche zu markieren. Aus quaestio wurde die Abkürzung qo, dann schrieb man das q über dem o – und so wurde es zum Fragezeichen. Leider haben wir heute keinerlei Belege, dass diese Theorie stimmen könnte.
Die karolingische Bildungsreform
Am wahrscheinlichsten ist dagegen, dass Alkuin von York beteiligt daran ist, dass wir noch heute jede Frage mit dem Fragezeichen versehen. Dieser Gelehrte aus Yorkshire wurde von Karl dem Großen als Gelehrter und Berater an den Hof eingeladen und ist der Wegbereiter der karolingischen Bildungsreform. Alkuin beklagte sich, dass die Interpunktion der Antike verloren gegangen sei (er hielt inkompetente Schreiber für schuldig) und keinen Nachfolger gefunden habe. So setzte er sich selbst für eine konsequente Interpunktion ein.
Das Fragezeichen tauchte erstmal in den Schriftreformen Karls des Großen auf und verbreitete sich ab dem 9. Jahrhundert zusammen mit der karolingischen Minuskel über Europa – wenn auch noch nicht mit seinem heutigen Aussehen. Wahrscheinlich ist, dass es sich aus der zu dieser Zeit verwendeten Neume Quilisma entwickelte, „also einem musikalischen Zeichen, das von mittelalterlichen Schriftstellern als „zitternde und steigende Tonverbindung“ beschrieben wird (B. Bischoff). Demnach stellte das Fragezeichen einen Hinweis für den (Vor-)Leser eines Textes dar, die Stimme zu heben; es charakterisiert die ansteigende Tonmelodie des entsprechenden Satzes und ist also ein rhetorisches Zeichen […].“ (mittelalterliche-geschichte.de).
Endlich ein Aussehen – die Vereinheitlichung des Fragezeichens
Mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg mit beweglichen Metalllettern und Druckerpressen. Die Buchdrucker konnten allerdings die Formenvielfalt aus den Manuskripten nicht aufs Papier bringen, sodass eine Vereinheitlichung notwendig war. So wurde für jedes Zeichen eine bestimmte Form festgelegt und auch das Fragezeichen erhielt so seine heutige Form. Das deutsche Wort „Fragezeichen“ ist aber erst für das 16. Jahrhundert belegt.
Das moderne Interpunktionssystem in Deutschland und Regeln für die Verwendung des Fragezeichens
Am Ende des 19. Jahrhunderts arbeitete vor alle meiner daran, das deutsche Interpunktionssystem mit Regeln zu versehen: Konrad Duden, Gymnasiallehrer und späterer Direktor des Königlichen Gymnasiums zu Hersfeld. 1876 verfasste er den „Versuch einer deutschen Interpunktionslehre“, 1880 folgte „Vollständige Orthographische Wörterbuch“, das allerdings noch keine Regeln zur Zeichensetzung erhielt.
Erst 1903 erschien der sogenannte Buchdruckerduden, der zum ersten Mal die Zeichensetzung beinhaltete. Die dort getroffenen Regelungen wurden in der 9. Auflage des „Rechtschreibdudens“ 1915 übernommen und immer weiter überarbeitet.
Das umgekehrte Fragezeichen im Spanischen ¿
Eine Besonderheit gibt es im Spanischen, den hier werden sowohl Fragezeichen als auch Ausrufezeichen in umgekehrter Form verwendet. Die Regel findet sich erstmals in der zweiten Auflage der Ortografía der Real Academia de la Lengua, die 1754 erschien. In der Diskussion wurde die Einführung damit begründet, dass man schon zu Beginn eines Satzes wissen sollte, dass es sich um eine Frage handelt. Das würde auch so manchem deutschen Satz gut stehen – besonders, wenn er sehr lang ist.
Quellen
Lexico: What Is The Origin Of The Question Mark?
Uni Zürich: Das Zeitalter der fränkischen Herrschaft: Die karolingische Bildungsreform