Die Überarbeitung deines Manuskripts ist ein Schritt, den du nicht überspringen solltest, denn hier wird aus deinem recht soliden Text ein ausgefeilt guter. Jetzt ist der Moment gekommen, diese drei Aspekte genauer unter die Lupe zu nehmen.
Hat deine Hauptfigur ein Entscheidungsproblem?
Wir alle wollen über unser Leben selbst bestimmen, nicht wahr? Niemand mag es, wenn alles von jemandem anderem entschieden wird. Mit Romanfiguren verhält es sich genauso. Für uns als Leserinnen ist es spannender, über das Leben einer Figur zu lesen, die in vielen Situationen einen Weg selbst finden muss. Für Ruhm und Ehre – oder eben auch Verderben und Missgeschick.
Du solltest dir deshalb diese Frage stellen: Trifft deine Figur eigene Entscheidungen? Oder wird sie nur herumkommandiert und gerät in Situationen, ohne dafür selbst etwas zu tun? Eine gute Figur ist für ihr Handeln selbst verantwortlich. Sie ist der Star ihrer Geschichte.
Natürlich muss nicht jede Entscheidung die richtige oder gute sein. Ganz im Gegenteil, eine falsche Entscheidung kann einen Wendepunkt in deiner Handlung erzeugen und deiner Figur zu ihrer weiteren Entwicklung verhelfen. Ganz nebenbei ermöglicht das auch deinen Leser*innen, sich mehr mit ihr zu identifizieren. Denn wer mag schon perfekte Menschen? Wir alle versuchen, gut zu sein, aber jede*r von uns hat schon Entscheidungen getroffen, die eben nicht so optimal waren.
Aufgabe 1
Such in deiner Geschichte alle Momente, in denen sich deine Figur für oder gegen etwas entscheiden muss. Wenn du keine findest, hast du dein Problem schon erkannt.
„Wir müssen reden“ oder: Warum Dialoge nicht immer die beste Wahl sind
Viele Autor*innen glauben, dass Dialoge wichtiger sind als Handlung. Beziehungsarbeit, Eroberung, Strategien zur Übernahme der Weltherrschaft – immer wieder sitzen Figuren irgendwo herum und reden.
Die Wahrheit ist: Ein wirklich gelungener Dialog – sei es auf einer Parkbank, im Auto oder in einer Kommandozentrale kurz vor der Apokalypse – kann nur dann funktionieren, wenn er in die Handlung eingebettet ist. Und wenn er zu lang wird, verliert deine Story ihre Spannung und ihren Schwung. Probleme werden zerredet, statt praktisch gelöst zu werden. Damit dir das nicht passiert, solltest du genau prüfen, warum deine Figuren ein Gespräch anfangen und ob sie nicht besser aktiv handeln können.
Aufgabe 2
Durchsuche deinen Text und eliminiere ein paar Szenen, in denen Figuren nur herumsitzen und darüber reden, was sie tun sollten. Lass es sie stattdessen einfach tun!
„Und dann wurde mir etwas klar...“
Manchmal machen wir es uns wirklich gern sehr einfach. Figuren stehen irgendwo in einer Szene herum und dann sagen sie Dinge wie: „Oh, jetzt verstehe ich es endlich!“ Und dann erklären sie zeilenlang, was sie verstanden haben.
Aber ernsthaft: Würdest du lieber von einer Figur alles erklärt bekommen? Oder wäre es nicht doch viel besser, wenn du selbst miterlebst, wie sich Dinge im Laufe der Handlung entwickeln? Ich denke, die Antwort wird dir nicht schwerfallen.
Es ist wichtig, dass du dich nicht selbst betrügst und es dir so einfach machst. Statt eine Figur erklären zu lassen, was ihr alles so klar wird, solltest du lieber eine Szene schreiben, in der deine Leser*innen das alles direkt miterleben können. Dein Ziel sollte der berühmte WTF-Moment (In der Philosophie nennt sich das Epiphanie.) beim Lesen sein. Und dafür braucht es eben kein: „Und dann verstand ich endlich, was hier vorging. Es verhielt sich folgendermaßen.“ Dieser Satz sollte nur fallen, wenn du einen Krimi im Stil von Miss Marple oder Sherlock Holmes schreibst.
Aufgabe 3
Du weißt, was zu tun ist. Wirf die Suchfunktion an und finde alle Textstellen, in denen jemandem etwas „klar wird“, etwas „verstanden wird“ und welche Formulierungen du sonst dafür noch verwendest.
Natürlich geht es nicht darum, alle Textstellen zu streichen, auf die diese drei Hinweise zutreffen.
Wie immer gilt: Die Dosis macht das Gift.
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