Vom NaNoWriMo-Projekt zur vollen Gothic Novel: Lily Magdalens Novemberkönig erscheint über BoD. Von unserer Zusammenarbeit an diesem tollen Roman erzählen wir in einem Interview.
*Update: Der Novemberkönig wurde inzwischen auch in der BoD-Homestory vorgestellt.
Liebe Lily, wir hatten zusammen eine wunderbare Zeit mit deinem Novemberprojekt, das endlich in diesem Jahr erscheinen wird. Wie lange hast du denn daran geschrieben?
Das kann ich sogar aufs Datum genau sagen: Der Startschuss fiel am 1. November 2017 um Punkt Mitternacht und das Wort „Ende” setzte ich am 31. Mai 2019 (nicht um Punkt Mitternacht) unter das Manuskript. Plus zwei ausführliche Überarbeitungsrunden. Und ein Lektorat – aber keine Ahnung, wie ich jetzt darauf komme … 😀
Die Grundidee der Geschichte ist allerdings schon etwas älter. Im November 2013 flog mir dieses Wort zu. Novemberkönig … Und der Gedanke: Irgendwann will ich eine Geschichte schreiben, die diesen Titel trägt! Erst einmal beließ ich es dabei, versuchte nichts zu erzwingen. Erst 2016 erstellte ich eine Pinterest-Pinnwand zu diesem Wort und begann, sie rein intuitiv zu befüllen, bis sich so langsam eine Idee für einen Plot herauskristallisierte.
Mitte 2017 war ich mit meinem damaligen Romanprojekt in einer derartigen Sackgasse gelandet, dass ich kurz davor war, das Schreiben ganz aufzugeben. Doch da war noch diese vage Idee und dieses Wort, dieses eine verfluchte Wort, das so sehr zu mir gesprochen hatte und es immer noch tat. Einen Versuch noch? Ein kleines Zwischenprojekt, 50.000 Wörter im NaNoWriMo – um mir selbst zu beweisen, dass ich auch etwas beenden kann.
Und ja, ich kann. Der Novemberkönig stellte sich als dreimal so lang heraus wie ein NaNo-Roman und ist inzwischen alles andere als ein „kleines Zwischenprojekt” geworden. Und Vergangenheits-Lily möchte ich für den Gedanken, das Schreiben hinzuschmeißen, einmal liebevoll in den Arm nehmen und ihr sagen: „Hab Vertrauen. Da kommt noch was …”
Der Novemberkönig ist ja eine moderne Gothic Novel, also ein Schauerroman. Ist das Genre bewusst gewählt und hast du eine Verbindung zur Schwarzen Szene?
Nicht direkt bewusst gewählt – aber den leisen Verdacht hatte ich schon länger. Aus dem Nähkästchen geplaudert: In einer sehr frühen Version sollte es einmal ein Fairytale Retelling werden (ich glaube, das war in dieser Phase, in der Märchennacherzählungen wie Pilze aus dem Boden geschossen sind), angesiedelt zwischen „Rotkäppchen” und „Die Schöne und das Biest”. Die Idee habe ich schnell wieder fallenlassen, aber ein paar Elemente und Anspielungen erinnern noch daran.
Während des Plottens und im Schreibprozess widersetzte sich der Novemberkönig den üblichen Kategorisierungen. Zu wenig Love Triangle für Romantasy. Zu wenig Horror für Dark Fantasy. Aber eine verfallene Villa in einem nebligen Novemberwald und ein byronischer Antagonist in Mantel und Zylinder … Schließlich habe ich der Geschichte – indem ich meinen leisen Verdacht durch Recherche bestätigte – die richtige Schublade zugewiesen.
Und ja, das haben mein Roman und ich gemeinsam: Wenn Schublade, dann diese. Wirklich tiefe Verbindungen in die Schwarze Szene habe ich zwar nicht, aber ich bin doch definitiv mehr Grufti als Nicht-Grufti. Während viele wohlwollend bis peinlich berührt von ihrer „Gothic-Phase” erzählen, hatte ich Mitte der Zwanziger mal eine „bunte Phase”. (Weder an dem einen noch an dem anderen ist etwas auszusetzen!) Aber in Schwarz fühle ich mich einfach am wohlsten und am meisten als ich selbst. Irgendwo zwischen wandelndem Klischee und Schubladen-und-generell-Szenen-nichts-abgewinnen-können.
Für das Lektorat haben wir ja eine ganze Weile intensiv zusammengearbeitet. Ich kann nur sagen: Traumjob! Schauerromane sind genau mein Ding und der „Novemberkönig“ hat mir unendlich viel Spaß gemacht. Welche wichtigen Erfahrungen nimmst du aus unserer Zeit mit?
„Traumjob!”, ist ein wunderschönes Kompliment – und ein weiteres Zeichen, dass ich alles richtig gemacht habe bei der Wahl meiner Lektorin. Ich mochte unsere Zusammenarbeit auch sehr!
Es war eine eindrückliche Erfahrung, einmal „auf der anderen Seite” zu sein. Lektoriert werden statt selbst zu lektorieren. Anders als die Autor*innen der Texte in meinem Brotjob habe ich dir etwas sehr Persönliches anvertraut. Einen Roman, den man als „Herzensprojekt” bezeichnet, von einer bis dahin völlig fremden Person so intensiv zerpflücken zu lassen, das ist keine Kleinigkeit. Umso wichtiger, dass die Wellenlänge stimmt! Und die hat bei uns definitiv gestimmt. Weswegen ich dir auch verzeihen konnte, dass ich über Inquit-Formeln und gestrichenen Ellipsen stellenweise vermutlich grimmiger dreingeschaut habe als Ylva auf Pinterest.
Gelernt habe ich dabei unglaublich viel. Wie sehr man für eigene Texte wirklich Tomaten auf den Augen hat. Dass auch ich nicht gefeit davor bin, „wandernde Augen” im Manuskript zu haben (Vergangenheits-Lily, wir müssen reden!). Dass weniger oft so viel mehr ist.
Das Wichtigste, das ich aus unserer Zusammenarbeit mitnehme, ist jedoch ein Text, dem ich nicht mehr ansehe, wo da „eine Lektorin eingegriffen” hat. Auf den Seiten steht einfach nur die Geschichte, wie sie sein soll. Du hast Hammer und Meißel angesetzt – nein, mir Hammer und Meißel in die Hand gegeben und den Roman einfach so viel besser gemacht.
Oh, und noch etwas nehme ich mit: neue Songs auf meinen Playlists. Was soll ich sagen – ins Schwarze getroffen! (Anmerkung: Die Playlist zum Buch gibt es auf Spotify.)
Corona macht es allen Autor*innen im Moment ja sehr schwer, sodass viele auf Online-Lesungen ausweichen. Wo können wir dich in Zukunft live lesen sehen?
Twitch ist ja gerade ein heißes Ding unter Autor*innen, aber irgendwie bin ich da noch zurückhaltend. Ein wenig warm geworden bin ich in diesem Jahr, „dank” Corona, mit der Live-Funktion auf Instagram, weswegen ich am 15.11. wohl auf meinem Instagram-Kanal eine kleine virtuelle Release-Party schmeißen werde. Und wie bei „echten” Partys werde ich bis zur letzten Minute besorgt herumsitzen und mich fragen, ob überhaupt jemand kommt. Das wird ein Spaß!
Oh, und nicht lesen, aber zumindest rund ums Schreiben plaudern werde ich im Dezember als Gast auf Kia Kahawas Patreon – so viel sei schon mal verraten.
Vielen Dank für deine Zeit und diese Einblicke in deine Arbeit am Novemberkönig. Ich drücke dir die Daumen für die Veröffentlichung.
Lily Magdalen – Novemberkönig
Mehr als Geistergeschichten und eine diffuse Warnung bekommt Ylva nicht aus den Menschen in dem von Novembernebel umhüllten Dorf heraus. Dabei ist die junge Frau doch hier, um ihre Großmutter zu finden – die spurlos verschwunden ist. Und die verlassene Villa im Wald muss der Schlüssel sein. Als Ylva allen Warnungen zum Trotz das Anwesen betritt, begegnet sie dort keinem Geist. Der Mann, der vor ihr steht, ist äußerst lebendig – doch nicht weniger unheimlich. Er führt ein eigenartiges Ritual durch, doch etwas geht schief. Seine Magie scheint Ylva nichts anhaben zu können. Und während Ylva umso entschlossener ist, seine Geheimnisse zu lüften und ihre Großmutter zurückzubekommen, wird er neugierig auf sie …
Eine Geschichte über einen alten Fluch, über verlorene Liebe und über den schmalen Grat zwischen Sehnsucht und Obsession.
Cover: Alexander Kopainski
Lektorat: Bettina Bergmann – Freie Lektorin
Korrektorat, Satz: Lily Magdalen
Lily ist nicht nur Autorin, sondern auch selbst Lektorin und Korrektorin. Ihre Lieblingsjahreszeit wird immer der Herbst sein. Der „Novemberkönig“ ist ihr Debütroman.